§ 103. Das Landbeer. 329
Reichsverfassung gesetzlich feststehende Organisation des Reichsheeres
zugrunde gelegt wird (Art. 62 Abs. 3 und 4 NV.). Daraus ergibt
sch daß auch im Wege des Ctatsgesetzes (Art. 69 RV.) die Fest-
stellung der Heeresausgaben erfolgen könnte. (Streitig.))
Wenn die jährliche etatsmäßige Veranschlagung der Militärausgaben
nicht zustande kommt, so findet Art. 62 Abs. 2 RV. Anwendung,
wonach zur Sicherung der für den Heeresaufwand erforderlichen Reichs-
einnahmen auf alle Fälle mindestens die dem Abs. 1 des Art. 62
entsprechenden Beiträge zur Reichskasse fortgezahlt werden müssen.
(Vgl. Sten. Verh. des konstituier. Reichst. von 1867 S. 17 ff.; Reincke
Verf. S. 288.)
Mit der Festsetzung der Friedenspräsenzstärke im Wege der Gesetz-
gebung steht nicht im Widerspruch das dem Kaiser im Art. 63 Abf. 4,
RV. gewährte Bestimmungsrecht des Präsenzstandes des deutschen
Heeres. Da die Friedenspräsenzziffer nur die Durchschnittsstärke an-
gibt, steht dem Kaiser die noch nicht davon betroffene Bestimmung des
Effektivbestandes der Mannschaften eines jeden Bataillons, jeder
Eskadron, Batterie pp. zu. ) Der Kaiser bestimmt daher für jedes
Jahr innerhalb des durch Art. 59 RV. gezogenen Rahmens die Zahl
der in das Heer und in die Marine einzustellenden Rekruten unter
Innehaltung der durch Reichsgesetze festgestellten Regeln über Friedens-
präsenzstärke, Heeresorganisationen und Formation, Wehrpflicht usw.
III. Die gesetzliche Wehrpflicht.
1. Gesetzliche Grundlagen. In Betracht kommen für die Regelung
der allgemeinen Wehrpflicht das Kriegsdienstge setz vom 9. November
1867 (BEl. S. 131), das Reichsmilitärgesetz vom 2. Mai
1874 (REl. S. 452) und vom 6. Mai 1880 (Rl. S. 103),
das Wehrpflichtgesetz vom 11. Februar 1888 (RGBl. S. 11)
und 8. Februar 1890 (RGl. S. 23), Ges. betr. die Anderung
der Wehrpflicht vom 15. April 1905 (Rl. S. 249), das Friedens-
präsenzstärkegesetz vom 3. August 1893 Art. II (RGl. S. 233)
und vom 25. März 1899 Art. II (RGBl. S. 213), vom 15. April
1905 (Rol. S. 247), das Landsturmgesetz vom 12. Februar
1875 (RGBl. S. 63), geändert durch das Wehrpflichtgesetz vom
11. Februar 1888 Abschn. 4, und das sogen. Kontrollgesetz vom
15. Februar 1875 (Rel. S. 65).
Eine Zusammenstellung der in den vorstehenden Gesetzen enthaltenen
Vorschriften über Wehrpflicht und Heeresorganisation, die sogen. Wehr-
ordnung, vom Reichskanzler zuletzt zusammengestellt unter dem
22. Juli 1901, bekannt gemacht im Zentralblatt 1901 als Beilage
zu Nr. 32. Die die Wehrordnung betreffenden vom Kaiser erlassenen
Verordnungen sind zusammengestellt in der sogen. Heerordnung,
zuletzt publiziert am 22. November 1888.
1) Art. 62 Abs. 2 sehen als beseitigt an durch Art. 69 NV. G. Meyer 8 209;
Gendel, Note zu Art. 62; Zorn § 43. .
:) Bgl. Laband § 101 zu 1, 6 und Arndt Note 2 zu Art. 60; Reincke, Ver-
fassung. S. 288 f.