334 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
Verordnung ist unter dem 30. März 1897 (RGl. S. 167) ergangen,
betreffend die Erfüllung der Dienstpflicht bei der Kaiserlichen Schutz-
truppe für Südwestafrika. Danach wird Angehörigen des Reichsheeres
oder der Kaiserlichen Marine, welche auf Grund freiwilliger Meldung
der Schutztruppe für Südwestafrika zugeteilt sind, die Zeit, während
welcher sie bei der Schutztruppe dienen, auf die aktive Dienstzeit im
Heere oder in der Kaiserlichen Marine angerechnet (§ 1). Wehr-
pflichtige Reichsangehörige, einschließlich der Einjährig-Freiwilligen,
welche in dem südwestafrikanischen Schutzgebiet ihren Wohnsitz haben,
werden zur Ableistung ihrer aktiven Dienstpflicht auf ihren Wunsch in
die Schutztruppe für Südwestafrika eingestellt (§#§# 2, 3). Nach be-
endeter aktiver Dienstzeit in der Schutztruppe treten sämtliche Mann-
schaften zum Beurlaubtenstande des Heeres oder der Kaiserlichen Marine
über (§ 6 Abs. 1).
8 106. VII. Die Sonuderrechte der Militärpersonen.
Die besonderen Rechte der Militärpersonen, zu denen alle wehr-
pflichtigen Personen im aktiven Heere oder in der Kaiserlichen Marine
einschließlich der Offiziere, Arzte, Militärbeamten (Zivilbeamte der
Militärverwaltung) zu zählen sind, gehören sowohl dem öffentlichen
Recht, wie dem Privatrecht an.
1. Privatrechtlich sind Militärpersonen insofern privilegiert, als
sie in Kriegszeiten oder während eines Belagerungszustandes unter er-
leichterten Formen Testamente errichten können. Für schriftliche genügt
eigenhändige Niederschrift und Unterschrift des Erblassers; für münd-
liche genügt, wenn sie vor einem Kriegsgerichtsrat, Oberkriegsgerichtsrat
oder Offizier unter Zuziehung von zwei Zeugen oder noch einer der
vorgenannten Urkundspersonen erklärt wurden, und wenn über die Er-
klärung des Testators eine Schrift aufgenommen, dem Testator vor-
gelesen und von den Urkundspersonen unterschrieben wurde (§ 44 des
RMG.). Dasselbe gilt für das sog. Marinetestament (Art. 44 E.
z. BGB.) Erleichterte Formen sind im Felde noch vorgesehen für
Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit und einige andere Rechtsangelegen-
heiten, indem für Aufnahme dieser Akte Kriegs= und Oberkriegsgerichts-
räte für zuständig erklärt werden (RG. vom 28. Mai 1901 — RGl.
S. 185). Mit den Beamten gemeinsam steht den Militärbeamten
nach § 570 BGB. das gesetzliche Kündigungsrecht bei Mietswohnungen
im Falle der Versetzung zu.
2. Im Zivilprozesse gelten für Militärpersonen besondere Be-
stimmungen bezüglich des Gerichtsstandes (der Gerichtsstand bestimmt
sich nach dem jeweiligen, bei den Truppen im Auslande nach dem
letzten deutschen Standort) (§§ 14, 20 Abs. 2 ZPO. und NM.
§ 39) der Zustellungen (Zustellungen und Ladungen erfolgen durch
Ersuchen der Militärbehörde) (68 172, 378, 380 Abs. 4, 390 Abst. 4,
409 Abs. 3 8PO.) und der Zwangsvollstreckung. (Zwangsvollstreckungen
dürfen erst nach Anzeige bei der Militärbehörde beginnen und in
Militärdienstgebäuden (auf Kriegsfahrzeugen) nur von ihr vorgenommen
werden. Auch bezüglich des Gegenstandes ist die ZV. beschränkt.)