Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

338 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
8§ 107. Die sachlichen Militärlasten. ) 
1. Grundsätzliche Regelung der Kosten und Lasten des 
gesamten Kriegswesens des Reichs. 
Als Fundamentalsatz für die Aufbringung der Mittel für das ge- 
samte Reichskriegswesen bestimmt Art. 58 der Reichsverfassung fol- 
gendes: Die Kosten und Lasten des gesamten Kriegswesens des Reichs 
sind von allen Bundesstaaten und ihren Angehörigen gleichmäßig zu 
tragen, so daß weder Bevorzugungen noch Prarogativen einzelner 
Staaten oder Klassen zulässig sind. Wo die gleiche Verteilung der 
Lasten sich in natura herstellen läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt 
zu schädigen, ist die Ausgleichung nach den Grundsätzen der Gerechtig- 
keit im Wege der Gesetzgebung festzustellen. 
2. Die sachlichen Militärlasten. 
Diese sind öffentlichrechtliche besondere Verpflichtungen zu sachlichen 
Leistungen für militärische Zwecke, allerdings mit dem Anspruch auf 
Entschädigung. Nicht jedermann wird von dieser Verpflichtung ge- 
troffen, sondern nur derjenige, welcher dem hervortretenden militärischen 
Bedürfnisse zu dienen vermag. 
Die Einteilung der Militärlasten erfolgt in solche während des 
Friedens und während des Krieges, andererseits in Quartierleistungen, 
Naturalleistungen und Beschränkung des Grundeigentums in der Um- 
gebung von Festungen. 
A. Friedensleistungen. 
Die gesetzliche Regelung dieser findet sich für das ganze Reich im 
Quartierleistungsgesetz vom 13. Juni 1873 (Rl. S. 129) 
und im Naturalleistungsgesetz vom 24. Mai 1898 (RGBl. 
S. 360). Hinzukommen noch auf Grund des § 18 die Keiserliche 
Verordnung vom 13. Juli 1898 (RGBl. S. 921) und das Servis- 
tarifgesetz vom 6. Juli 1904 (RGl. S. 272). 
a) Das Quartierleistungsgesetz vom 25. Juni 1868(B0l. 523) 
nebst Ausf. Verordn. vom 31. Dezember 1868 legt gesetzlich den dem 
Reich zustehenden Anspruch fest, wo für die Unterbringung der Mann- 
schaften (vom Feldwebel abwärts) und Pferde in den Standorten der 
Truppen (Garnison) die Kasernements nicht ausreichen, Quartier und 
Stallungen zu verlangen. Bei Truppen in Kantonnements, deren Dauer 
von vornherein auf mehr als sechs Monate festgesetzt ist, besteht der 
gleiche Anspruch. Bei Kantonnierungen von kürzerer Dauer oder auf 
Märschen bezw. Kommandos müssen die Räume auch für Offiziere und 
Beamte und deren Pferde und die sonst erforderlichen Diensträume ge- 
währt werden. Diese Last ist eine dingliche; sie lastet auf allen be- 
nutzbaren Baulichkeiten, soweit sie nicht dem Quartiergeber in wohn- 
licher, wirtschaftlicher oder gewerblicher Hinsicht unentbehrlich sind. 
  
  
1) Vgl. Mil. Ges. des Deutsch. R. III S. 1; Laband ** G. Meyer 88§ 196 ff.; 
Zorn § 43, Arndt § 56, H. Schulze Kap. III Tit. 3. V. Kommentare von Sieck- 
mann (1883), Matos, 2. Aufl. 1897, Siegfried 1875, Zenetti (1880); Sendel in 
Hirth's Annal. 1874 S. 1038 und 1875 S. 1082. Reincke, Verf. S. 277 f. Be- 
merkung III zu Art. 58 NV.
	        
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