358 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
8§ 116. Hypothekenbaukwesen.
Im Interesse der Allgemeinheit ist der Geschäftsverkehr der Hypotheken-
banken im Wege der Reichsgesetzgebung durch Ges. vom 13. Juli 1899
(Rel. S. 375) geregelt worden.
Als Hypothekenbanken gelten nach jenem Gesetz Aktiengesellschaften
und Kommanditgesellschaften auf Aktien, bei welchen der Gegenstand
des Unternehmens in der hypothekarischen Beleihung von Grund-
stücken und der Ausgabe von Schuldverschreibungen auf Grund der
erworbenen Hypotheken besteht (§ 1). Offenen Handelsgesellschaften,
Kommanditgesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, ein-
getragenen Genossenschaften und einzelnen Personen ist der Betrieb
eines derartigen Unternehmens als Hypothekenbank untersagt (§ 2).
Die Hypothekenbanken bedürfen zur Ausübung ihres Geschäftsbetriebes
der Genehmigung des Bundesrats; ist satzungsgemäß der Geschäfts-
betrieb auf das Gebiet nur eines Bundesstaats beschränkt, so steht die
Erteilung der Genehmigung der Zentralbehörde dieses Bundesstaats zu.
Sie unterliegen ferner der staatlichen Aufsicht desjenigen Bundes-
staats, in welchem die Bank ihren Sitz hat.
Die Ausfsicht erstreckt sich auf den ganzen Geschäftsbetrieb der Bank
und dauert auch nach deren Auflösung bis zur Beendigung der Liquidation
fort (8 3). Die Aussichtsbehörde ist hiernach befugt, alle Anordnungen
zu treffen, welche erforderlich sind, um den Geschäftsbetrieb der Bank
mit den Gesetzen, der Satzung und den sonst in verbindlicher Weise
getroffenen Bestimmungen im Einklange zu erhalten (§ 4).
Die Aufsichtsbehörde kann auf Kosten der Bank einen Kommissar
bestellen, der unter ihrer Leitung die Aufsicht ausübt.
Dem Geschäftsbetriebe der Hypothekenbanken sind gesetzliche Schranken
gezogen. Welche Geschäfte derselbe umfassen darf, wird im § 5 des
Ges. im einzelnen aufgezählt.
Der Erwerb von Grundstücken ist den Hypothekenbanken nur zur
Verhütung von Verlusten an Hypotheken oder zur Beschaffung von
Geschäftsräumen gestattet. Unter diesen Voraussetzungen können
bayerische Hypothekenbanken auch in Preußen Grundbesitz erwerben
(§ 5 Abs. 3). Der Gesamtbetrag der im Umlaufe befindlichen
Hypothekenpfandbriefe muß in Höhe des Nennwerts jederzeit durch
Hypotheken von mindestens gleicher Höhe und mindestens gleichem Zins-
ertrage gedeckt sein. Hypothekenpfandbriefe dürfen die Hypotheken-
banken nur bis zum 15 fachen Betrage des eingezahlten Grundkapitals
und des ausschließlich zur Deckung einer Unterbilanz oder zur Sicherung
der Pfandbriefgläubiger bestimmten Reservefonds ausgeben. Die Aus-
gabe von Hypothekenpfandbriefen, deren Einlösungswert den Nennwert
übersteigt, ist nicht gestattet (S 9). Die Beleihung ist auf inländische
Grundstücke beschränkt und der Regel nach nur zur ersten Stelle zu-
lässig. Die Beleihung darf die ersten drei Fünfteile des Wertes des
Grundstücks nicht übersteigen (§ 11). Der bei der Beleihung an-
genommene Wert des Grundstücks darf den durch sorgfältige Ermittelung
estgestellten Verkaufswert nicht übersteigen (§ 12). Die Bank hat
über die Wertermittelung eine von der Aufsichtsbehörde zu genehmigende