366 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
die Urheberrechte verstanden, deren Charakterisierung als „geistiges
Eigentum“ jetzt als unhaltbar verworfen wird. Die herrschende
Meinung sieht vielmehr in dem Urheberrecht ein immaterielles Güter-
recht, welches eine Unterart der Individual= und Persönlichkeitsrechte
bildet.
In Verfolg des Art. 4 Nr. 6 RV. sind zunächst folgende Gesetze
erlassen worden:
1. Das Ges. vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an
Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen
Werken (BGl. S. 339);
2. das Ges. vom 9. Januar 1876, betreffend das Urheberrecht an
Werken der bildenden Künste (Rel. S. 4);
3. das Ges. vom 10. Januar 1876, betreffend den Schutz der
Photographien gegen unbefugte Nachbildung (RGl. S. 8);
4. das Ges. vom 11. Januar 1876, betreffend das Urheberrecht an
Mustern und Modellen (Rl. S. 11);
5. tNt Ges. vom 30. November 1874 über Markenschutz (R#l.
S. 143).
Das zu 1 genannte Gesetz ist jetzt ersetzt worden durch das R.
vom 19. Juni 1901, betreffend das Urheberrecht an Werken der
Literatur und Tonkunst (Rl. S. 227).
Ferner ist noch ergangen das REG. vom 19. Juni 1901 betreffend
das Verlagsrecht (Rl. S. 217).
In dem letztgenannten Gesetz wird der Verlagsvertrag dahin
gekennzeichnet, daß der Verfasser verpflichtet wird, dem Verleger das
Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu
überlassen, während der Verleger verpflichtet ist, das Werk zu verviel-
fältigen und zu verbreiten (§ 1).
Dem Verfasser verbleibt jedoch die Befugnis zur Vervielfältigung
und Verbreitung für die Übersetzung in eine andere Sprache oder
Mundart, für die Wiedergabe einer Erzählung in dramatischer Form
oder eines Bühnenwerks in der Form einer Erzählung, sowie für die
Bearbeitung eines Werkes der Tonkunst, soweit sie nicht bloß ein
Auszug oder eine Übertragung in eine andere Tonart oder Stimm-
lage ist (§ 2).
Der Verleger ist nicht berechtigt, ein Einzelwerk für eine Gesamt-
ausgabe oder ein Sammelwerk sowie Teile einer Gesamtausgabe
oder eines Sammelwerkes für eine Sonderausgabe zu verwerten
(§ 4). Der Verleger ist nur zu einer Auflage berechtigt, deren
une mangels anderweiter Bestimmung auf 1000 Abzüge fest-
gesetzt ist.
Ist dem Verleger das Recht zur Veranstaltung mehrerer Auflagen
eingeräumt, so gelten im Zweifel für jede neue Auflage die gleichen
Abreden wie für die vorhergehende (8 6).
Das Verlagsrecht entsteht mit der Ablieferung des Werkes an den
Verleger und erlischt mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses
(§ 9). Ist der Verlagsvertrag über ein bereits vollendetes Werk
abgeschlossen, so ist das Werk sofort abzuliefern. Soll das Werk erst