Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

372 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
bestellte Reichsbehörde. Von dieser behördlichen Beaufsichtigung sind 
bis auf weiteres insbesondere die Unternehmungen ausgeschlossen, welche 
die Versicherung gegen Kursverluste oder die Transportversicherung 
oder ausschließlich die Rückversicherung zum Gegenstande haben. 
Zulassung zum Geschäftsbetriebe. Versicherungsunternehmungen be- 
dürfen zum Geschäftsbetriebe der Genehmigung der Aufsichtsbehörde 
(§ 4). Die Erteilung der Erlaubnis erfolgt unabhängig von dem 
Nachweis des Bedürfnisses (§ 5). Sie darf jedoch Personenvereinigungen, 
welche die Versicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsatz der 
Gegenseitigkeit betreiben wollen, nur erteilt werden, wenn diese Ver- 
einigungen nach Maßgabe des Gesetzes in der Form der Versicherungs- 
vereine auf Gegenseitigkeit errichtet werden. Zum Betriebe der ver- 
schiedenen Arten der Lebensversicherung, sowie zum Betriebe der Unfall-, 
Haftpflicht-, Feuer= und Hagelversicherung darf die Erlaubnis außer 
Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit nur an Aktiengesellschaften 
erteilt werden (§ 6). 
Besonders geregelt sind die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. 
Es ist dies eine der Aktiengesellschaft nachgebildete Form, für welche die 
in betreff der Kaufleute im 1. und 3. Buch des HGB. gegebenen 
Vorschriften Anwendung finden, soweit das Gesetz nicht ein anderes 
bestimmt (§ 16). Die Satzung des Vereins bedarf der gerichtlichen 
oder notariellen Beurkundung. Die Satzung hat den Namen (die 
Firma) und Sitz des Vereins zu bestimmen. Für alle Verbindlich- 
keiten des Vereins haftet den Vereinsgläubigern nur das Vereinsver- 
mögen (8§ 17—19). Die Satzung kann einen Höchstbetrag festsetzen, 
auf welchen die Pflicht zur Zahlung von Nachschüssen oder Umlagen 
beschränkt ist. Dabei ist jedoch eine Beschränkung, nach welcher die 
Ausschreibung nur zu dem Zwecke der Deckung von Versicherungs- 
ansprüchen der Mitglieder stattfinden darf, unzulässig (§ 24). Gegen 
die Forderung des Vereins aus der Beitragspflicht kann das Mitglied 
eine Aufrechnung nicht geltend machen (§ 26). Der Verein ist bei 
dem Gerichte, in dessen Bezirk er seinen Sitz hat, zur Eintragung in 
das Handelsregister anzumelden (§ 30). Die Satzung hat insbesondere 
Bestimmung über Bildung eines Vorstandes, eines Aufsichtsrates und 
eines obersten Organs (Versammlung von Mitgliedern oder deren 
Vertreter) zu treffen. Auf die 3 Organe des Vereins finden die im 
HGB. hinsichtlich des Vorstandes, des Aufsichtsrats und der General- 
versammlung der Aktionäre einer Aktiengesellschaft gegebenen Vor- 
schriften mit einigen Abweichungen Anwendung (88 34 ff.). Besondere 
Vorschriften sind getroffen über die Prämienreserve bei der Lebens- 
versicherung (8§§ 56— 63). Zwecks Beaufsichtigung der Versicherungs- 
unternehmungen sind den Aufsichtsbehörden umfassende Befugnisse ein- 
geräumt (§§ 64—84). Der Ausfsichtsbehörde liegt es ob, den ganzen 
Geschäftsbetrieb der Versicherungsunternehmungen, insbesondere die 
Befolgung der gesetzlichen Vorschriften und die Einhaltung des 
Geschäftsplans, zu überwachen. Handelt eine Unternehmung den 
ihr nach Maßgabe der Gesetze oder des genehmigten Geschäfts- 
plans obliegenden Pflichten zuwider, oder ergeben sich bei Prüfung
	        
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