Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 125. Die Presse (das Reichspreßgesetz). 379. 
§§ 6—11 keine Anwendung (§ 12). Die auf mechanischem oder chemischem 
Wege vervielfältigten periodischen Mitteilungen (lithographierte, auto- 
graphierte, metallographierte, durchschriebene Korrespondenzen) unter- 
liegen, sofern sie ausschließlich an Redaktionen verbreitet werden, den 
in diesem Gesetze für periodische Druckschriften getroffenen Bestimmungen 
nicht (§ 13). Die Verbreitung ausländischer periodischer Druckschriften. 
kann der Reichskanzler bis auf zwei Jahre verbieten, wenn eine 
Nummer binnen Jahresfrist zweimal auf Grund der §8§ 41, 42 des 
St G. zur Unbrauchbarmachung verurteilt ist (§ 14). Offentliche 
Aufforderungen mittels der Presse zur Aufbringung der wegen einer 
strafbaren Handlung erkannten Geldstrafen und Kosten, sowie öffentliche 
Bescheinigung mittels der Presse über den Empfang der zu solchen 
Zwecken gezahlten Beiträge sind verboten. Das zufolge solcher Auf- 
forderungen Empfangene oder der Wert desselben ist der Armenkasse 
des Orts der Sammlung für verfallen zu erklären (§ 16). Die An- 
klageschrift oder andere amtliche Schriftstücke eines Strafprozesses dürfen 
durch die Presse nicht eher veröffentlicht werden, als bis dieselben in 
öffentlicher Verhandlung kundgegeben worden sind, oder das Verfahren 
sein Ende erreicht hat (8 17). 
3. Verantwortlichkeit für die durch die Presse be- 
gangenen strafbaren Handlungen. 
Die Verantwortlichkeit für Handlungen, deren Strafbarkeit durch 
den Inhalt einer Druckschrift begründet wird, bestimmt sich nach den be- 
stehenden allgemeinen Strafgesetzen. Ist die Druckschrift eine periodische, 
so ist der verantwortliche Redakteur als Täter zu bestrafen, wenn nicht 
durch besondere Umstände die Annahme seiner Täterschaft ausgeschlossen 
wird (§ 20). Über die rechtliche Bedeutung der Annahme der Täter- 
schaft hat sich das RG. in der Entscheidung der vereinigten Straf- 
senate (vom 6. Juni 1901, Entsch. Bd. 22 S. 65) für eine Beweis- 
präsumtion (nicht für eine Präsumtion der vollen Täterschaft auch 
nach ihrer subjektiven Richtung) ausgesprochen. Hiernach soll gegen 
den Redakteur nur die Vermutung gelten, daß er die Druckschrift mit 
Kenntnis und Verständnis des Inhalts vorsätzlich veröffentlicht hat, 
bis das Gegenteil erwiesen ist. Demnach stehen dem Redakteur auch 
die gesetzlichen Strafausschließungsgründe, einschließlich des § 193 
St G., in demselben Umfange zur Seite, wie jedem anderen Täter. 
Der Redakteur muß nachweisen, daß er den strafbaren Inhalt des 
Artikels überhaupt nicht gekannt und daß er auch nicht mit Eventual- 
dolus gehandelt hat. Die Nennung des Verfassers durch den Redakteur 
schließt die Schuld des letzteren nicht aus. RG. Erk. vom 26. April 
1880 Bd. 1 S. 673. Begründet der Inhalt einer Druckschrift den 
Tatbestand einer strafbaren Handlung, so sind der Redakteur, der 
Verleger, der Drucker, derjenige, welcher die Druckschrift gewerbsmäßig 
vertrieben oder sonst öffentlich verbreitet hat (Verbreiter), soweit sie 
nicht nach § 20 als Täter oder Teilnehmer zu bestrafen sind, wegen 
Fahrlässigkeit mit Geldstrafe bis zu 1000 M. oder mit Haft oder mit 
Festungshaft oder mit Gefängnis bis zu einem Jahre zu belegen, 
wenn sie nicht die Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt oder Um-
	        
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