382 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches.
hier noch Landesrecht. Nur einige wenige Bestimmungen sind auf
diesem Gebiete von Reichswegen getroffen. Zu erwähnen sind:
1. § 17 des Wahlgesetzes für den Reichstag des Norddeutschen
Bundes vom 31. Mai 1869 (REl. S. 145)1), nach welchem die
Wahlberechtigten die Befugnis haben, zum Betrieb der den Reichstag
betreffenden Wahlangelegenheiten Vereine zu bilden, und in geschlossenen
Räumen unbewaffnet öffentliche Versammlungen zu veranstalten.
2. REG. vom 11. Dezember 1899 (REl. S. 699), betreffend das
Vereinswesen. Nach dem einzigen Artikel dieses Gesetzes können in-
ländische Vereine jeder Art mit einander in Verbindung treten.
3. Die Koalitionsfreiheit gewerblicher Arbeiter behufs Erlangung
günstigerer Lohn= und Arbeitsbedingungen ist in der RöSO. (8§ 152
bis 154 a) gewährleistet und anerkannt.
4. Die Teilnahme an politischen Vereinen und Versammlungen ist
den ——ien untersagt (Milit Ges. § 49 u. MStGGB. S#§ 101
u. 113).
5. Die nach den §§ 128, 129 StGB. enthaltenen Verbote der
Teilnahme an einer Verbindung, deren Dasein, Verfassung oder Zweck
vor der Staatsregierung geheim gehalten werden soll, oder in welcher
gegen unbekannte Obere Gehorsam oder gegen bekannte Obere unbe-
dingter Gehorsam versprochen wird, oder zu deren Zwecken oder
Beschäftigungen gehört, Maßregeln der Verwaltung oder die Voll-
ziehung von Gesetzen durch ungesetzliche Mittel zu verhindern oder zu
entkräften.
Das private Vereinsrecht, die Erwerbung und Wirkung der
Rechtsfähigkeit, hat in dem BGB. bei Gelegenheit der Darstellung
der juristischen Personen gesetzliche Regelung gefunden.
Über das Nähere vergl. mein Handbuch des deutschen Vereinsrechts.
Berlin 1905.
Achtzehnter Titel.
8 127. Das Schiffahrtswesen.
Nach Art. 4 Nr. 9 der Perf. ist der Beaufsichtigung und Gesetz-
gebung des Reichs unterstellt der Flößerei= und Schiffahrtsbetrieb auf
den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und der Zustand
der letzteren, sowie die Fluß= und sonstigen Wasserzölle; desgleichen
die Seeschiffahrtszeichen (Leuchtfeuer, Tonnen, Baken und sonstige
Tagesmarken). Nr. 9 steht mit Nr. 7 und 8 des Art. 4 der RVerf.,
die den Seehandel bezw. die Wasserstraßen mit betreffen, in Zu-
sammenhang.
1) Das Wahlges. v. 31. Mai 1869 ist auf Grund der Bündnisverträge des Nord-
deutschen Bundes mit den Süddeutschen Staaten gemäß § 2 des Ges. über die
Reichsverfassung v. 16. April 1871 zum Reichsgesetz erhoben. Es ist demnächst
durch Ges. v. 25. Juni 1873 (RGBl. S. 161) § 6 in Elsaß-Lothringen und
durch Ges. v. 15. Dez. 1890 (RGBl. S. 207) § 4 für die Insel Helgoland zur
Einführung gelangt.