Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 21. Haftung der Beamten für Verletzung der Amtspflicht. 35 
vorschrift entstanden ist, hat das B#B. eine besondere Bestimmung in 
der Richtung getroffen, daß eine solche Haftung des Beamten auch 
dann eintritt, wenn es sich um die Verletzung einer Amtspflicht 
handelt, die nach dem Inhalt der maßgebenden Dienstvorschrift dem 
Beamten nicht nur gegenüber dem Gemeinwesen, in dessen Dienst er 
steht, sondern auch gegenüber der geschädigten Privatperson obliegt 
(Denkschr.). 
Nach dem Vorgange des preuß. Allgemeinen Landrechts II 10 8§ 88, 
89 (ogl. auch § 13 des Reichsbeamtenges.) haftet der Beamte nach 
§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB. dem dritten für jedes Verschulden bei 
Verletzung seiner Amtspflicht. 
Jedoch ist diese Haftung, gleichfalls im Anschlusse an das preußische 
Recht insofern gemildert und eine subsidiäre,!) als der Beamte wegen 
fahrlässiger Pflichtverletzung erst dann in Anspruch genommen werden 
kaun, wenn der Beschädigte nicht auf andere Weise Ersatz zu er- 
langen vermag (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB.). Der Geschädigte hat 
sich also in erster Linie an denjenigen zu halten, welcher dolos oder 
fahrlässig das Versehen des Beamten herbeigeführt hat, oder an den- 
jenigen, welcher durch dasselbe bereichert worden ist. ) Es genügt 
nicht nur die Aufforderung zum Ersatz des Schadens an den Prinzipal-- 
verpflichteten, sondern es muß auch die Zwangsvollstreckung versucht 
und fruchtlos ausgefallen sein. Dem Geschädigten liegt bei Klage- 
erhebung gegen den Beamten der Nachweis ob, daß kein anderer 
haftet, oder daß von dem Prinzipalhaftenden aus tatsächlichen Gründen 
nichts zu erlangen ist. ) Der Schaden darf auch nicht anderweitig 
gedeckt sein. Wäre der Schaden aus dem Dispositionsfonds der Re- 
gierung gedeckt und getilgt, so wäre gleichfalls die Klage unzulässig.") 
Jedoch kann in keinem Falle, wenn die rechtliche und tatsächliche 
Möglichkeit, auf andere Weise Ersatz zu verlangen, nicht in Frage 
kommt, ein weiterer Nachweis verlangt werden. 5) 
Diese Beschränkung der Hastung aus 8§ 839 greift nicht Platz,“) 
wenn mehrere Beamte die ihnen obliegende Amtspflicht verletzt haben, 
und die Pflichtverletzung eines jeden für den entstandenen Schaden 
kausal gewesen ist. Denn nach § 840 Abs. 1 BGB. haften mehrere, 
welche für den aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schaden 
nebeneinander verantwortlich sind, als Gesamtschuldner. Sie haften 
an sich ein jeder für den Schaden, da die Handlung eines jeden für 
den Schaden kausal geworden ist. Wäre nun in diesem Falle die 
Vorschrift des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB. anzuwenden, so könnte 
ein jeder der Beamten, da ihnen nur Fahrlässigkeit zur Last fällt, 
geltend machen, daß der Beschädigte erst nachweisen müsse, daß er von 
) Vgl. RG. Bd. 51 S. 192. 
) Vgl. Striethorst Arch. Bd. 37 S. 216 u. Delius, Haftpflicht des Beamten. 
Berlin 1901. S. 53. 
) Vgl. Planck, Kommentar, Anm. 24, Oertmann, dgl. Anm. 5 zu § 839; NG. 
dd. 51 S. 262 a. M. Linckelmann, Schadenersatz S. 101. 
) Vgl. Delius, Haftpflicht des Beamten. § 19, S. 53. 
*?) RG. Bd. 51 S. 192. 
) 3G. Bd. 51 S. 262. „.
	        
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