Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

38 1. Buch. 3. Abschnitt. Die Organe d. Reichs= u. Staatsverwaltung. 
stellung des Verfahrens (St PO. 8§ 202, 208), für das Ziovilverfahren 
einstweilige Verfügung, Arrestbefehl, Kostenfestsetzungsbeschluß. Die 
Pflichtverletzung kann auf Tenor, Tatbestand (Weglassung wichtiger 
Anführungen der Parteien) 1) und Entscheidungsgründe sich beziehen 
(bestritten, a. A. Delius DJZ. 1904 S. 531, welcher hier die strengere 
Haftung eintreten lassen will, da der Richter nur eine referierende 
Tätigkeit ausübt). 
Es genügt, daß die Pflichtverletzung mit öffentlicher Strafe bedroht, 
daß der objektive und subjektive Tatbestand der strafbaren Handlung 
gegeben ist;?) nicht erforderlich ist, daß eine Bestrafung des Beamten 
erfolgt ist. Immerhin haftet der Beamte, da hier nur die §§ 334, 
336 u. 339 StG#B. in Betracht kommen, nur für Vorsatz. Eine 
Haftung selbst für grobes Verschulden greift nicht Platz. 
In den vorgedachten Fällen, selbst wenn die Pflichtverletzung eine vor- 
sätzliche ist, und der Tatbestand des § 839 Abs. 2 Satz 1 S6B. gegeben 
wäre, ist die Ersatzpflicht des Beamten ausgeschlossen, wenn der Be- 
schädigte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch 
den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Als Rechtsmittel im 
Sinne des § 839 Abs. 3 gelten im Zivil= und Strafprozeß Berufung, 
Revision, Beschwerde, auch Einspruch, nicht aber die Wiederaufnahme 
des Verfahrens, Nichtigkeits= und Restitutionsklage. 
Außer dieser positiven Bestimmung des Gesetzes findet aber auch 
für die Haftung des Beamten § 254 BGB. entsprechende Anwendung, 
so daß unter Umständen ein konkurrierendes Verschulden des Beschädigten 
den Schadenersatzanspruch ausschließt. Die Entscheidung dieser Frage 
wird davon abhängen, wen das überwiegende Verschulden trifft. Die Be- 
weislast trifft hierbei den Beamten, sofern nicht das eigene Verschulden 
des Klägers aus der Sachlage sich ergibt (RG. in Zivils. Bd. 52 S. 191). 
Hat ein Beamter vermöge seiner Amtspflicht einen anderen (z. B. 
einen Vormund, Konkursverwalter) zur Geschäftsführung für einen 
dritten zu bestellen oder eine solche Geschäftsführung zu beaufsichtigen 
oder durch Genehmigung von Rechtsgeschäften bei ihr mitzuwirken, und 
ist er wegen Verletzung dieser Pflichten neben dem anderen für den 
von diesem verursachten Schaden haftbar, so ist in ihrem Verhältnisse 
zueinander der andere allein verpflichtet und dem Beamten regreß- 
pflichtig (§ 841 BGB.). 
Was für das Verhältnis mehrerer ersatzpflichtiger Beamten gilt, gilt 
auch für Pflichtverletzungen, die bei Amtshandlungen einer Kollegial- 
behörde begangen werden. Es haften danach die schuldigen Mitglieder 
des Kollegiums, und nur sie, als Gesamtschuldner. Die Beweislast 
für die Schuld der einzelnen Mitglieder hat der Geschädigte. 
Etwa bestehende landesgesetzliche Bestimmungen, nach denen der 
Anspruch auf Schadenersatz gegen einen Beamten wegen Verletzung 
der Amtspflicht an besondere Voraussetzungen, insbesondere die 
Vorentscheidung einer Verwaltungsbehörde darüber gebunden ist, ob 
1) Vxgl. Goldmann-Lilienthal a. a. O. Bd. 1 § 236 S. 910 u. Nöldeke a. a. O. 
S. 821 a. M. Neumann, Handausgabe. Anm. II, 1 zu § 839. 
3) Vgl. Rosenstock i. Pr. Verw.--Bl. Jahrg. 20 (1899) S. 559.
	        
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