Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 22. Strafverfahren. Disziplinarverfahren. 41 
Bd. 53 S. 276), so z. B. dem preuß. Oberförster (RG. Urt. vom 
10. Okt. 1904 JW. (1904) 548). Muß demnach der Vertreter des 
Staats Willensorgan desselben sein, so genügt dies allein für die Ver- 
tretereigenschaft noch nicht, es muß noch ferner die ordnungsmäßige 
Berufung bezw. Bestellung als Vertreter hinzukommen. 
„Das rechtliche Merkmal, daß die „verfassungsmäßig berufenen 
Vertreter“ von den sonstigen Angestellten unterscheidet, für welche der 
Staat nicht nach Maßgabe des § 31, sondern nur nach 8§ 831 haftet, 
ist ihre Berufung zur Tätigkeit innerhalb eines Geschäftsbereiches durch 
die ihre Verwaltungsorganisation regelnden Bestimmungen. Diejenigen 
Beamten und Angestellten dagegen, die nicht durch die organisatorischen 
Verwaltungsbestimmungen zu ihrer Tätigkeit berufen sind, sondern 
ihren dienstlichen Auftrag wiederum auf diese berufenen Personen 
zurückführen, sind nicht Vertreter des Staates nach § 31; sie sind zu 
Verrichtungen im Sinne des § 831 bestellt, mögen diese Veriichtungen 
im übrigen mehr oder weniger oder gar nicht selbständig sein, mögen 
sie den Charakter rechtsgeschäftlicher Vertretung tragen oder nicht, und 
mögen sie aus einzelnen oder einer Mehrheit von Verrichtungen, 
zeitlich vorübergehenden oder dauernden, bestehen. ) 
Kommt ein Verschulden des Beamten als Vertreter des Fiskus bei 
Erfüllung einer Verbindlichkeit des letzteren in Frage, so regelt sich 
die Haftung des Fiskus nach § 278 BGB. 
Für die Haftung des Reichsbeamten bezw. des Reichsfiskus 
ist maßgebend das an dem amtlichen Wohnsitze des Beamten für die 
Staatsbeamten geltende Landesrecht (§ 19 des Reichsbeamtengesetzes). 
Der Reichsfiskus ist dem betteffenden Landesfiskus gleichgestellt (RG. 
in Jur. Wochenschr. 1903 S. 65). 
8 22. Strafverfahren. Disziplinarverfahren. 
Hat der Beamte eine strafbare Handlung im Amte begangen, so 
unterliegt er neben der disziplinaren Ahndung den allgemeinen Straf- 
gesetzen. Einzelne Handlungen werden härter bestraft, wenn sie von 
Beamten begangen werden (uneigentliche Amtsdelikte) vgl. §§ 128, 
129, 1557, 1742 u. StG#B., andere sind überhaupt nur in diesem 
Falle strafbar (eigentliche Amtsdelikte)) §§ 331—359 St#B. 
Die Disziplinarstrafe, welche neben der kriminellen Strafe besteht, 
kann sein?) 
a) Ordnungsstrafe (Warnung, Verweis, Geldstrafe); 
b) Entfernung aus dem Anmte, nämlich: 
a) Strafversetzung in ein anderes Amt von gleichem Range, aber 
geringerem Gehalt oder gleichem Gehalt unter Auferlegung einer 
Geldstrafe; 
5 Dienstentlassung, verbunden mit Verlust des Titels und 
Pensionsanspruchs, bei mildernden Umständen unter Gewährung eines 
Teiles des Pensionsanspruchs. 
1) NG. Bd. 53 S. 279, 280. 
:) Vxg. 8§ 72—138 NBG.
	        
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