Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

Zweites Buch. 
Erster Abschnitt. 
Geschichte des Deutschen Staatsrechts. 
§ 25. Der Deutsche Bund 1806 (1815)—1866. 
Mit der Errichtung des Rheinbundes unter dem Protektorat Napoleons 
und der Niederlegung der deutschen Kaiserkrone seitens des Kaisers 
Franz II., welcher bereits im Jahre 1804 den Titel Kaiser von Oster- 
reich angenommen hatte, im Jahre 1806 war das Ende des heiligen 
römischen Reiches deutscher Nation eingetreten. 
Infolge dieser Ereignisse treten sämtliche deutsche Fürsten dem Rhein- 
bunde bei mit Ausnahme von Osterreich, Braunschweig, Kurhessen, 
Schweden (d. i. Neupommern und Rügen) und Dänemark (d. i. Holstein). 
Seit den ersten Niederlagen 1813 wenden sich fast alle Fürsten des 
Rheinbundes gegen ihn, nur das Königreich Sachsen bleibt ihm treu. 
Im Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 heißt es in Art. 6: 
Les Etats de FAllemagne seront indépendants et unis par un 
lien fédératif. 
Für den 1. August 1814 wird nach Wien ein Gesandtenkongreß 
berufen; die am 1. November 1814 begonnenen Verhandlungen er- 
halten erst nach Napoleons Rückkehr von Elba eine Beschleunigung. 
Eine am 23. Mai 1815 berufene allgemeine Konferenz von Bevoll- 
mächtigten nimmt in der zehnten Sitzung am 8. Juni 1815 die 
Deutschen Bundesakte an. Sie werden ergänzt durch die Wiener 
Schlußakte vom 15. Mai 1820. Zweck des Bundes ist Erhaltung 
der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands und der Unabhängig- 
keit und Unverletzlichkeit der einzelnen deutschen Staaten. 
Der rechtliche Charakter des Bundes ist nach den Wiener 
Schlußakten ein völkerrechtlicher Verein oder der staatsrechtlichen 
Terminologie entsprechend ein Staatenbund. Er ist, als Träger selb- 
ständiger Rechte und Verbindlichkeiten, ein Rechtssubjekt des öffentlichen 
Rechts.!1) Seiner Gewalt unterstehen jedoch nicht die Angehörigen 
der Einzelstaaten, sondern nur die Einzelstaaten selbst. Nur die Einzel- 
staaten sind die Bundesglieder. Träger der Bundesgewalt ist 
die Gesamtheit der verbündeten Fürsten und freien Städte, repräsentiert 
durch den Bundestag. Die Aufnahme in den Bund darf nur bei ein- 
1) Val. Brie, Theorie der Staatenverbindungen. Breslau 1886. S. 86 ff. 
 
	        
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