50 2. Buch. 1. Abschnitt. Geschichte des Deutschen Staatsrechts.
Sachsen schlägt 1861 eine Reform mit Alternat im Präsidium (Oster-
reich und Preußen) und einer Trias in der Exekutive (0sterreich,
Preußen, ein dritter noch zu ernennender Staat) vor.
Osterreich beruft 1863 einen Fürstentag nach Frankfurt a. M.,
an dem Preußen nicht teilnimmt. Preußen will nur dann an
Reformen sich beteiligen, wenn ihm mit Osterreich volle Gleichberechtigung
und ein Veto gegen jeden Offensiokrieg des Bundes gewährt, wenn
ferner eine unmittelbar vom Volke gewählte Versammlung mit weit-
gehenden Machtbefugnissen eingesetzt werde.
Eine weitere Erörterung der zwischen Preußen und Osterreich sich
immer mehr zuspitzenden Reformbestrebungen:) verhinderte die auf-
tauchende dänische Frage.
#27. Die Gründung des Norddentschen Bundes.")
In dem Londoner Protokolle vom 8. Mai 1852 war seitens
der Großmächte mit Dänemark und Schweden die Vereinbarung
getroffen worden, daß Dänemarks Integrität nicht angetastet werden
sollte, daß ferner beim Aussterben des Mannesstammes des kinderlosen
Königs Friedrich VII. Prinz Christian von Sonderburg-Glücksburg
und seine Nachkommenschaft zum Erben für die gesamte Monarchie
erklärt werden sollte. Als am 15. November 1863 der vorgenannte
König Friedrich VII. starb, erklärte sich dem Londoner Protokoll ent-
—7 Friedrich von Augustenburg zum Herzoge von Schleswig-
olstein.
Gedrängt von der eiderdänischen Partei in Kopenhagen nimmt König
Christian IX. die neue dänische Verfassung, welche die Einverleibung
Schleswigs in Dänemark ausspricht, am 18. November 1863 an.
Darüber herrscht große Aufregung in Deutschland. Die öffentliche
Meinung ist entschieden für die vollständige Trennung Schleswig-
Holsteins von Dänemark und verlangt vom Deutschen Bunde wenigstens
vorläufige Besetzung der Herzogtümer. Allein auf den Antrag Osterreichs
und Preußens, welche sich durch das Londoner Protokoll gebunden er-
klären, bringt der Bundestag nur seinen früheren Beschluß zur Aus-
führung und läßt Hannoveraner und Sachsen in die zum Bunde
gehörigen Herzogtümer Holstein und Lauenburg einrücken. In Holstein
wird Friedrich VIII. als Herzog ausgerufen.
Wegen Schleswigs verlangen Januar 1864 Osterreich und Preußen
die Aufhebung der neuen dänischen Verfassung, weil sie den früheren
Verträgen widerspreche. Da Dänemark sich weigert, rücken 46000
Preußen und 29 000 Osterreicher unter dem Oberbefehl des preußischen
1) Es bildeten sich zwei Parteien: der großdeutsche Reformverein, der eine
Einigung unter Osterreichs Führung (das sog. 70 Millionenreich) erstrebte und die
kleindeutsche Partei, welche eine bundesstaatliche Einigung unter Leitung Preußens
und Ausschluß von Osterreich verlangte. Die lleindeutsche Partei ging später in
den Nationalverein auf, der von dem Hannoveraner R. v. Bennigsen gegründet wurde.
:„) Vgl. Mayer, Staatsr. S. 153. Albert Hänel, Deutsch. Staatsr. Leipz. 1892.
Bd. 1, S. 11, 14, 23 ff. Laband, Staatsr. Bd. 1, S. 1, 8 ff. Arnold Schäfer,
Das deutsche Recht an Schleswig-Holstein. Greifswald 1863. Binding, Die
Gründung des Norddeutsch. Bundes. Leipzig 1889.