Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

8 27. Die Gründung des Norddeutschen Bundes. 53 
Die Friedensschlüsse Preußens mit den anderen Staaten bestätigten 
die durch den Krieg herbeigeführten Veränderungen. 
Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und die vormals 
freie Stadt Frankfurt werden endgültig mit der Monarchie vereinigt, 
sodaß diese durch den siegreichen Krieg von 5068 □ Meilen lüber 
19 Millionen Einwohner) auf 6393 □ Meilen (über 23 1⅛/8 Millionen 
Einwohner) kommt. 
Schon im August 1866 hatte Preußen mit den meisten norddeutschen 
Staaten einen Vertrag zur Eingehung eines späteren Bündnisses ge- 
schlossen, sog. Augustverträge. Zu derselben Zeit kam auch zwischen 
Preußen und den süddeutschen Staaten ein Schutz= und Trutzbündnis 
zustande. Die Integrität des Gebiets wird gegenseitig garantiert; 
die süddeutschen Staaten stellen für den Fall eines Krieges ihre gesamte 
Streitkraft unter den Oberbefehl des Königs von Preußen. 
Es fand demnächst die Gründung des Norddeutschen Bundes unter 
Leitung Preußens statt. Bevollmächtigte von 22 Regierungen treten 
zu Beratungen am 25. Dezember 1866 zusammen. 
Auf Grund von Landesgesetzen, die sich an das Reichswahlgesetz 
vom 12. April 1849 anlehnten, wurde ein Reichstag einberufen, der 
am 16. April 1867 den Entwurf der Bundesverfassung annahm. 
Am 17. April 1867 erfolgte die Annahme durch die verbündeten 
Regierungen. Nach Annahme des Entwurfs von den gesetzgebenden 
Faktoren der Einzelstaaten wurde er dort als Gesetz publiziert. 
Dieser erste Reichstag hatte nur beratenden Charakter, weil die 
Einzelstaaten die Genehmigung der Bundesverfassung sich vor- 
behalten hatten. 
Am 1. Juli 1867 trat der Norddeutsche Bund ins Leben. 
Durch Publikandum vom 26. Juli 1867 übernimmt der König von 
Preußen alle Rechte und Pflichten für sich und seine Nachfolger. 
Über die Entstehung der Bundesverfassung und über den 
Grund ihrer Verbindung kkraft herrscht Streit: 
1. Laband (Staatsrecht Bd. 1, S. 27 ff.) nimmt an, durch die 
Augustverträge hätten sich die Einzelstaaten bezw. deren Regierungen 
völkerrechtlich verpflichtet, sich bei der Gründung des Norddeutschen 
Bundes zu beteiligen (pacta de contrahendo). Der Eintritt in 
den Bund durch Landesgesetz sei demnach Erfüllung der vertragsmäßigen 
Verpflichtung. Durch die Publizierung der Verfassung in den Einzel- 
staaten hätten die Staaten ihren Beitritt zum Bunde erklärt. 
„Der Bund sei also eine Tat der Einzelstaaten gewesen, welche ihm 
als Gründer seine Verfassung mit auf den Weg gegeben hätten: er 
hätte gleich bei seiner Geburt seine Konstitution und Organisation mit 
auf die Welt gebracht“. 
2. Seydel (Kommentar z. Verf.-Urkunde, Freib. und Leipz. 1897. 
2. Aufl. S. 14 ff.) und Arndt (Verf. des Deutschen Reichs, Berlin. 
1902. 2. Aufl. S. 41) erklären die Bundesverfassung als überein- 
stimmendes Landesgesetz der betreffenden 22 Staaten. Hiergegen ist 
einzuwenden, daß Landesrecht nur innerhalb des betreffenden Staates
	        
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