§ 40. Geltungsbereich der Armengesetzgebung. 75
anderweiter Verabredungen nur insoweit stattfinde, als die Fürsorge-
für den Auszuweisenden länger als drei Monate gedauert hat.
Mit der Gründung des Deutschen Reiches wurde die ganze Materie
gesetzlich geregelt durch das Reichsgesetz vom 6. Juni 1870.
nebst Novelle vom 12. März 1894 (in neuer Fassung RGl. 94
S. 259) über den Unterstützungswohnsitz und Preuß.
Ausführ.-Ges. dazu vom 8. März 1871 (GS. S. 130) nebst
Novelle vom 11. Juli 1891. Das Reichsgesetz gilt im Gebiete-
des Deutschen Reichs mit Ausnahme von Bayern und Elsaß-Lothringen.
Vgl. RVerf. Art, 3, 41 und RGes. vom 16. April 1871 (Zusatz 1
zu Tit. 13). Für beide Staaten gelten abgesehen von den Vorschriften.
des Freizügigkeitsgesetzes noch die Bestimmungen der Gothaer Konvention
und der Eisenacher Übereinkunft. Zwischen Preußen und Elsaß-Lothringen.
ist ein besonderes Übereinkommen über die Regelung der armenrecht-
lichen Beziehungen unter dem 18. November 1899 abgeschlossen, wozu.
noch Minister.-R. vom 15. Dezember 1899 (Ml. 1900 S. 78)
ergangen ist. In Helgoland ist das RG. über den Unterstützungs-
wohnsitz nicht eingeführt.
Was die armenrechtlichen Beziehungen Deutschlands zum Ausland
anlangt, so sind im wesentlichen die in dem Gothaer Vertrage und
in der Eisenacher Übereinkunft ausgesprochenen Grundsätze auch für-
die ausländischen Staaten im Vertragswege für verbindlich erklärt.
worden. Ihr Hauptinhalt findet sich wieder in der Übereinkunft des
Deutschen Reichs mit Italien vom 8. August 1873, RZBl. S. 280;
mit Dänemark vom 11. Dezember 1873, RZBl. von 74 S. 31.
Zus. Dekl. vom 25. Aug. 1881; 17. Juli 1884; 9. März 1898;
mit Belgien vom 7. Juli 1877, RZBl. S. 411, und in dem Nieder-
lassungsvertrage mit der Schweiz. Eidgenossenschaft vom 31. Mai 1890,
RüEGBl. S. 131. Die Ministerialverordnung vom 1. September
1897 (MBl. S. 203) enthält ein Verzeichnis derjenigen deutschen
Behörden, die befugt sind: 1. gegenüber der Schweiz, 2. gegenüber
deutschen Bundesstaaten das Anerkenntnis der Verpflichtung zur Über-
nahme eines auszuweisenden deutschen Staatsangehörigen abzugeben,
3. Heimatsscheine und Staatsangehörigkeitsausweise auszustellen. —
Osterreich hat seinen Beitritt zur Eisenacher Ubereinkunft auch auf
Elsaß-Lothringen ausgedehnt, Bek. des Reichskanzlers vom 29. April.
1874, Gl. für Elsaß-Lothringen S. 13, und an Stelle der mit den
Einzelstaaten bestandenen Ubereinkommen betreffend die Übernahme
Auszuweisender mit dem Deutschen Reich ein Abkommen getroffen,
R ZBl. 1875, S. 475. Mit Frankreich hat das Deutsche Reich ein
Abkommen hinsichtlich der Übernahme hilfloser Personen, verlassener
Kinder und Geisteskranker getroffen, MR. vom 31. Oktober 1880.
Das Übereinkommen mit Rußland vom 10. Februar bezw. 29. Januar
1894 (MBl. S. 93, dazu ZV. vom 6. Mai 1894, MBl. S. 93,
vom 20. Juni 1895, Ml. S. 237 und vom 7. Juni 1897, Ml.
S. 140) betrifft die Wiederaufnahme früherer Staatsangehöriger, jedoch
nicht auch Personen, die die von ihren Eltern verlorene Staatsan-
gehörigkeit selbst nie besessen haben. Schweden-Norwegen hat sich zur