Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

§ 44. Bedeutung des Unterstützungswohnsitzes. 83 
b) Die Ehefrau teilt vom Zeitpunkte der Eheschließung ab den 
Unterstützungswohnsitz des Mannes, sie erwirbt und verliert mit ihrem 
Ehemanne dessen Unterstützungswohnsitz. Sie gilt indessen auch 
während der Ehe, vorausgesetzt, daß sie das 24. Lebensjahr vollendet 
hat, als selbständig in bezug auf den Erwerb und den Verlust des 
Unterstützungswohnsitzes, wenn und solange der Ehemann sie böslich 
verlassen hat, ferner wenn und so lange sie während der Dauer der 
Haft des Ehemannes oder infolge ausdrücklicher Einwilligung desselben 
oder kraft der nach den Landesgesetzen ihr zustehenden Befugnis vom 
Ehemanne getrennt lebt und ohne dessen Beihilfe ihre Ernährung 
findet. Diese Selbständigkeit hört aber auf, und die Ehefrau nimmt 
wieder an den Unterstützungswohnsitzverhältnissen des Ehemannes teil, 
wenn sie sich mit demselben wieder vereinigt oder von ihm Beihilfen 
zu ihrem Unterhalt empfängt. — Witwen und rechtskräftig geschiedene 
Ehefrauen behalten den bei Auflösung der Ehe gehabten Unterstützungs- 
wohnsitz so lange, bis sie denselben durch zweijährige ununterbrochene 
Abwesenheit, wobei eine noch in die Zeit der Ehe fallende Abwesenheit 
nicht mitgerechnet wird, verloren oder einen anderweiten Unterstützungs- 
wohnsitz durch Aufenthalt, wobei ein noch in die Zeit der Ehe fallender 
Aufenthalt ebenfalls nicht mitgerechnet wird, oder durch Eingehung 
einer zweiten Ehe oder durch Adoption (s. unter c) erworben haben. 
c) Eheliche und den ehelichen gesetzlich gleichstehende Kinder teilen 
in der Regel den Unterstützungswohnsitz des Vaters so lange, bis sie 
denselben durch zweijährige ununterbrochene Abwesenheit nach zurück- 
gelegtem 24. Lebensjahre verloren oder einen anderweitigen Unter- 
stützungswohnsitz erworben haben. Stirbt der Vater vor der Mutter, 
so nehmen sie an den Unterstützungswohnsitzverhältnissen der letzteren 
teil. Dasselbe gilt, wenn während der Ehe die Mutter in Beziehung 
auf den Erwerb und Verlust des Unterstützungswohnsitzes selbständig 
geworden ist, und die Kinder dem Hausstande der Mutter gefolgt sind, 
oder wenn im Falle der Scheidung das Erziehungsrecht der Mutter 
zuerkannt ist. 
Uneheliche Kinder teilen den Unterstützungswohnsitz der Mutter 
so lange, bis sie denselben durch zweijährige ununterbrochene Abwesen- 
heit nach zurückgelegtem 24. Lebensjahre verloren oder einen ander- 
weitigen Unterstützungswohnsitz erworben haben. 
Der Verlust des Unterstützungswohnsitzes tritt ein durch Erwerbung 
eines anderweitigen Unterstützungswohnsitzes oder durch zweijährige 
ununterbrochene Abwesenheit nach zurückgelegtem 18. Lebensjahre 
(Nov. vom 12. März 1894). Diese Frist ist eben so eine absolute, 
wie die zum Erwerbe des Unterstützungswohnsitzes erforderliche zwei- 
jährige Aufenthaltsfrist. Sie beginnt mit dem ersten Tage der Ab- 
wesenheit, sofern nicht etwa die Abwesenheit durch den Eintritt in eine 
Kranken-, Bewahr= und Heilanstalt herbeigeführt oder durch Umstände 
veranlaßt ist, durch welche die Annahme der freien Selbstbestimmung 
bei der Wahl des Aufenthaltsortes ausgeschlossen wird. Die An- 
stellung oder Versetzung eines Geistlichen, Lehrers, öffentlichen oder 
Privatbeamten, sowie einer nicht bloß zur Erfüllung der Militärpflicht 
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