§ 47. Streitverfahren zwischen Armenverbänden. 87
Standen daher dem Hilfsbedürftigen Unterstützungsansprüche gegen
dritte Verpflichtete zu, so müssen letztere das Gegebene dem unter-
stützenden Armenverband erstatten, ohne daß der Einwand von dem
dritten erhoben werden kann, daß der unterstützende Armenverband
den Ersatz von einem anderen Armenverband zu fordern berechtigt
sei (§ 62).
Ist ein Hilfsbedürftiger, zu dessen Unterstützung ein Armenverband
verpflichtet war, von einem dritten unterstützt worden, so hatte das
Reichsgericht Bd. 3 S. 270 und Bd. 27 S. 176 in Übereinstimmung
mit dem preuß. Obertribunal Bd. 24 S. 245, Bd. 73 S. 239, Bd. 82
S. 53 im Gegensatz zu der Ansicht des preuß. Kompetenzgerichtshofes
(WMM. Bl. 1890 S. 84 f.) angenommen, daß über den Erstattungs-
anspruch des dritten gegen den Armenverband der Rechtsweg in der
Regel ausgeschlossen sei, es sei denn, daß über die Notwendigkeit und
den Umfang der Armenpflege zuvörderst im Verwaltungswege befunden
worden ist oder Einigkeit besteht. Durch Plenarbeschluß des Reichs-
gerichts vom 27. Juli 1898 (RG. Entsch. in Zivils. Bd. 41 S. 267) ist
nunmehr der Rechtsweg für unbeschränkt zulässig erachtet worden.
Ist der dritte eine dem RG. vom 15. Juni 1883 entsprechende
Krankenkasse, so ist für den Erstattungsanspruch gegen den Armen-
verband nicht das Verwaltungsstreitverfahren zulässig, sondern es kann
hierüber nur im ordentlichen Rechtswege entschieden werden (§ 57 des
Krankenvers. Ges.)
8 47. Streitverfahren zwischen Armenverbänden.
a) Vorverfahren. Muß ein nicht verpflichteter Ortsarmenverband
einen hilfsbedürftigen Deutschen unterstützen, so hat der Ortsarmen-
verband zunächst eine vollständige Vernehmung des Unterstützten über
seine Heimats-, Familien= und Aufenthaltsverhältnisse zu bewirken und
sodann den Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten bezw. auf-
zuwendenden Kosten bei Vermeidung des Verlustes dieses Anspruchs
binnen sechs Monaten nach begonnener Unterstützung bei dem vermeintlich
verpflichteten Armenverbande anzumelden mit der Anfrage, ob der Anspruch
anerkannt wird (§ 34 Abs. 1). Durch verspätete Anmeldung wird nur
derjenige Teil des Erstattungsanspruchs präkludiert, der weiter als
sechs Monate hinter der Anmeldung zurückliegt (BA. E. III 114, 115,
XXX 154). Die Frist ist eine preäklusivische, ihre Nichtbeobachtung
ist auch ohne Einrede zu berücksichtigen. BA. E. XXVI 136.
S. 176. Für diese Ansprüche ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Dagegen ist
über die Ersatzansprüche von Armenverbänden gegen die auf Grund des RG. v.
15. Juni 1883 zur Gewährung von Unterstützungen verpflichteten Krankenkassen
nach § 58 Abs. 2 in Verb. mit § 57 Abs. 2 dieses G. im Verwaltungsstreitverfahren
zu entscheiden (Bezirksausschuß. Revision. Verordn. v. 12. Sept. 1885, GS. S. 333).
Die Rückforderung der von einem Armenverband an einen andern, aus Irrtum ge-
zahlten Kur= und Verpflegungskosten findet nach den Grundsätzen des bürgerlichen
Rechts (jetzt BGB. §8 812 ff.) über die ungerechtfertigte Bereicherung statt. Vgl.
BA. E. XVII 100; XIX 84; XXI 105; XXIV 120; XXVII 77; XXVIII
104. UÜber die Zuständigkeit der Spruchbehörden Ba. E. XX 147.