Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

126 3. Buch. Der Rechtsschutz auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts. 
Antrag zu stellen. Wird dieser Aufforderung nicht Folge geleistet, so 
ist die Versetzung in den Ruhestand durch Plenarbeschluß des OVG. 
auszusprechen. 
Um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung beim OVG. zu fördern, 
bestimmt Art. 1 des Ges. vom 27. Mai 1888 (GS. S. 226) folgen- 
des: Will ein Senat des OVG. in einer Rechtsfrage von einer früheren 
Entscheidung eines anderen Senats oder des Plenums abweichen, so 
ist über die streitige Rechtsfrage die Entscheidung des Plenums des 
Gerichtshofes einzuholen. Dieselbe erfolgt in allen Fällen ohne vor- 
gängige mündliche Verhandlung. Vor der Entscheidung des Plenums 
ist jedoch den von den Ressortministern zur Wahrnehmung des öffent- 
lichen Interesses bestellten Kommissarien Gelegenheit zu geben, sich 
schriftlich über die zur Entscheidung stehende Rechtsfrage zu äußern. 
Die Entscheidung der Rechtsfrage durch das Plenum ist in der zu 
entscheidenden Sache bindend. 
II. Neben den zu l erwähnten Verwaltungsgerichten bestehen noch als 
besondere Verwaltungsgerichte: 
1. Das Oberlandeskulturgericht in Berlin (ursprünglich Revisions- 
kollegium für Landeskultursachen, Verordn. vom 22. November 1844, 
seit Neuordnung des Verfahrens in Auseinandersetzungsangelegenheiten, 
Ges. vom 18. Februar 1880 jetzige Bezeichnung). Dieser Gerichtshof, 
bestehend aus einem Präsidenten und zehn Räten, die vom König er- 
nannt werden, sämtlich mit landwirtschaftlichen Verhältnissen vertraut 
sein müssen, und deren Mehrzahl zum Richteramt befähigt sein muß, 
ist zuständig für die Entscheidung auf die Berufung oder die Beschwerde 
gegen die Entscheidung der Generalkommissionen in den Sachen, welche 
die Ablösung der Reallasten und Servituten, die Teilung von Gemein- 
heiten, die Zusammenlegung von Grundstücken und die Regulierung 
der gutsherrlichbäuerlichen Verhältnisse betreffen, ferner als dritte Instanz 
in den im Teilungs= und Ablösungsverfahren in der Provinz Hannover 
und bei den Güterkonsolidationen im Regierungsbezirk Wiesbaden er- 
wachsenden Streitigkeiten. Soweit die Generalkommissionen auch über 
bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die mit der Auseinandersetzung in Zu- 
sammenhang siehen, erkannt haben, ist gegen die Entscheidung des 
Oberlandeskulturgerichts das Rechtsmittel der Revision an das Reichs- 
gericht gegeben. Das Verfahren ist ähnlich dem der Zivilprozeß= 
ordnung gestaltet; an Stelle einer mündlichen Verhandlung findet eine 
schriftliche Instruktion des Prozesses durch einen Kommissar statt. Der 
Gerichtshof trifft seine Entscheidungen in der Besetzung von wenigstens 
fünf Richtern mit Einschluß des Vorsitzenden. 
2. Das Bundesamt für Heimatwesen. Über dieses Amt s. Bd. 1 
§5 48 S. 89 dieses Werks. 
8§ s4. Das Verwaltungsstreitverfahren (LVG. 8§ 61—114). 1) 
Für dies Verfahren gelten die leitenden Grundsätze der Zidvil- 
prozeßordnung, Offentlichkeit, Mündlichkeit und freie richterliche 
1) Literatur: v. Brauchitsch, Die neuen preußischen Verwaltungsges. Bd. 1 
20. Aufl. S. 79 ff.; Müller, Die Begriffe der Verwaltungsrechtspflege. Berlin 189“,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.