§ 48. Kreisverbände. 169
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I. Der kommunale Kreisverband sogen. Landkreis setzt
sich zusammen aus einer Mehrheit von benachbarten Stadt= und Land-
gemeinden und Gutsbezirken zwecks wirtschaftlicher Einheit. Jeder
Kreis bildet einen Kommunalverband zur Selbstverwaltung seiner
Angelegenheiten mit den Rechten einer Korporation. Die Veränderung
bestehender Kreisgrenzen und die Bildung neuer, sowie die Zusammen-
legung mehrerer Kreise erfolgt durch Gesetz. Städte mit wenigstens
25000 Einwohnern (unter Ausschluß der aktiven Militärpersonen) haben
das Recht, aus dem Kreisverbande auszuscheiden. Sie bilden alsdann
einen besonderen Stadtkreis mit selbständiger Verwaltung der
kommunalen Angelegenheiten durch ihre besonderen Organe nach
Maßgabe der Städteordnung, während die übertragenen Staatsgeschäfte
durch den obrigkeitlichen Beamten der Stadt und den Stadtausschuß
besorgt werden.
II. Kreisangehörige sind alle, welche innerhalb des Kreises
einen Wohnsitz haben. Aus der Kreisangehörigkeit erwächst das
Recht zur Teilnahme an der Kreisverwaltung und = ertretung (aktives
und passives Wahlrecht) und Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen
und Anstalten des Kreises. Andererseits entsteht die Verpflichtung zur
Übernahme unbesoldeter Amter und der Vertretung des Kreises und
zur Zahlung der nötigen Kreisabgaben.
Über die Verteilung und Aufbringung der Kreisabgaben gelten
folgende Grundsätze (KO. §8 10 ff. KAG. 8§§ 91, 92): Die Kreis-
abgaben dürfen nur durch Zuschläge zu den von den Kreisan-
gehörigen zu entrichtenden direkten Staatssteuern (Einkommen-, Grund-,
Gebäude= und Gewerbesteuer) auferlegt werden. Bei der Verteilung
der Kreissteuern sind die Grund-, Gebäude= und die Gewerbesteuer
der Klassen I und II in der Regel mit dem gleichen Betrage desjenigen
Prozentsatzes heranzuziehen, mit welchem die Staatseinkommensteuer
belastet wird. Mit Genehmigung des Bezirksausschusses kann der
Betrag, mit welchem die Realsteuern, also die Grundsteuer, die Gebäude-
steuer und die Gewerbesteuer der Klassen 1 und II heranzuziehen sind,
bis auf das Anderthalbfache jenes Prozentsatzes erhöht oder bis auf
1) KO. für die Provinzen Ost= und Westpreußen, Brandenburg, Pommern,
Schlesien und Sachsen vom 13. Dezember 1872 in der Fassung vom 19. März 1881
(GS. S. 179). Die KO. wurde mit einzelnen Abänderungen ausgedehnt auf alle
anderen Provinzen der Monarchie (mit Ausnahme von Posen): Hannover 1884,
Hessen-Nassau 1885, Westfalen 1886, Rheinprovinz 1887, Schleswig-Holstein 1888.
Abänderung hat die KO. erfahren durch die Landgemeindeordnung, Kommunal=
abgabenges. und die Dotationsges. vom 30. April 1873 und 8. Juli 1875.
Für die Provinz Posen gilt weiterhin die auf ständischen Prinzipien beruhende
Kreisverfassung. KO. vom 20. Dezember 1828 (GS. 1829 S. 3). Die Kreis-
kommunalverwaltung liegt hier dem Lan drat allein ob, welchem nur zur Unter-
stützung der Kreistag zur Seite steht. Es kann jetzt jedoch durch Beschluß des
Kreistages dem Kreisausschuß die Kreiskommunalverwaltung nach Maßgabe der
KO. für die östlichen Provinzen übertragen werden (Pos. ALG. Art. V B. 2).
* v. Brauchitsch, Preußische Verwaltungsges. Bd. 2. 17. Aufl. Berlin 1903.
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