Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 150. Die gegenwärtige Stellung d. preuß. Staates zu den Kirchen 2c. 555 
staatlich veranlagten Steuern genießen, die Geistlichen und Kirchen- 
beamten und die hinterbliebenen Witwen und Waisen der letzteren 
(§8 6, 7). Die Umlegung der Kirchensteuer erfolgt für das 
Rechnungsjahr, wobei als Maßstab die Staatseinkommensteuer und, 
falls daneben eine Heranziehung der Realsteuern erfolgen soll, die 
staatlich veranlagte Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer dient. Die 
Ergänzungssteuer, die Steuer vom Gewerbebetrieb im Umherziehen, 
sowie die Betriebssteuer und die Warenhaussteuer sind bei der Um- 
legung der Kirchensteuern nicht heranzuziehen. Die Heranziehung der 
staatlich veranlagten Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuern ist nur 
insoweit zulässig, als diese Steuern für Grundbesitz bezw. Betriebe ver- 
anlagt find, welche in der Kirchengemeinde belegen sind. Die Real- 
steuern dürfen nicht mit einem höheren Prozentsatze herangezogen 
werden, als die Staatseinkommensteuer (§§ 9, 10). Als Grundsätze 
über die Erhebung der Kirchensteuer gelten folgende: Feste und 
gleichmäßige Verteilung auf alle Pflichtigen. Die Erhebung erfolgt 
in Form von Zuschlägen, welche gleichmäßig sein müssen (§ 11). 
Nur bei Einrichtungen und Aufwendungen, welche in besonders hervor- 
ragendem Maße einem Teile der Kirchengemeinde zugute kommen, 
kann die Kirchengemeinde für einen bestimmten Zeitraum eine ent- 
sprechende besondere Belastung dieses Teiles beschließen (§ 12). Die 
Veranlagung erfolgt für jedes Rechnungsjahr (1. April bis 31. März), 
eventuell bei Beschlußfassung der kirchlichen Organe auf 2 oder 3 
Rechnungsjahre (§ 16). Dem Kirchenvorstande sind von den zuständigen 
Staats= und Gemeindebehörden diejenigen Unterlagen, deren es für 
die Besteuerung bedarf, auf Erfordern mitzuteilen (§ 18). Die Er- 
hebung der Kirchensteuer ist durch eine in ortsüblicher Weise zu be- 
wirkende Veröffentlichung der zu erhebenden Prozentsätze bekannt zu 
machen (§ 19 Abs. 1). Die Zwangsvollstreckung wegen einer von der 
bischöflichen und staatlichen Aufsichtsbehörde genehmigten Kirchensteuer 
erfolgt nach den Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren 
auf Ersuchen der zuständigen kirchlichen Gemeindeorgane durch die 
staatlichen Vollstreckungebehörden gegen Vergütung von 2 des zur 
Einziehung gelangenden Steuerbetrages, oder soweit die Einziehung 
der Staatssteuern durch kommunale Vollstreckungsbehörden erfolgt, durch 
diese. Die Vollziehungsbeamten haben außerdem auf die tarifmäßigen 
Einziehungsgebühren Anspruch (8 20). Als Rechtsmittel steht den 
zur Kirchensteuer Herangezogenen gegen die Heranziehung bezw. Ver- 
anlagung der Ein spruch zu binnen 4 Wochen vom Tage der Auf- 
forderung ab gerechnet bei dem Kirchenvorstande, welch letzterer über 
ihn beschließt (§88 21, 22). Gegen die Entscheidungen der Kirchen- 
vorstände über Einsprüche steht dem Steuerpflichtigen die Beschwerde 
an die bischöfliche Behörde binnen 4 Wochen nach Zustellung der 
Entscheidungen über den Einspruch offen. Die bischöfliche Behörde 
legt die Beschwerde mit ihrer Außerung der Staatsbehörde vor. Die 
Entscheidung der Staatsbehörde erfolgt nach Anhörung der Kirchen- 
gemeinde (§ 23 Abs. 1 und 2). Der ordentliche Rechtsweg findet 
gegen die Heranziehung der Kirchensteuer nur in den Fällen der §§ 0
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.