§ 150. Die gegenwärtige Stellung d. preuß. Staates zu den Kirchen 2c. 559
von Begräbnisplätzen, zur Einführung oder Veränderung von Gebühren=
taxen, zu der Ausschreibung, Veranstaltung und Abhaltung von
Sammlungen, Kollekten usw. außerhalb der Kirchengebäude, zur Ver-
wendung der Vakanzeinkünfte und Interkalarfrüchte, zu der Verwendung
des Vermögens für nicht stiftungsmäßige Zwecke. Ist die Genehmigung
der staatlichen Aufsichtsbehörde nicht erteilt, so sind die in den vorstehen-
den Fällen vorgenommenen Rechtsgeschäfte ungültig (§ 2). In gleicher
Weise ist auch hier die staatliche Aufsichtsbehörde allein befugt, amtliche
Legitimationsatteste der verwaltenden Organe auszustellen (8 3); sie ist
ferner berechtigt, Aufstellung und Vorlegung eines Inventars zu fordern,
Einsicht von dem Etat zu nehmen und Posten mit aufhebender Wirkung
zu beanstanden. Die Etats solcher Verwaltungen, welche Staats-
zuschüsse erhalten, sind der staatlichen Aufsichtsbehörde zur Genehmigung
zu unterbreiten (S§ 4). Auch zu Zwangeetatisierungen in demselben
Umfange, wie nach dem Gesetz vom 20. Juni 1875, ist auch hier die
staatliche Aufsichtsbehörde befugt. Bestreiten jedoch die verwaltenden
Organe die Berechtigung hierzu, so entscheidet hierüber auf die Klage
der verwaltenden Organe das Oberverwaltungsgericht (8§ 5, 6). Ebenso
kann sie auch hier Einsicht von der Jahresrechnung nehmen und die
Vermögensverwaltung einer Revision unterziehen. Die Jahres-
rechnungen solcher Verwaltungen, deren Etats der Genehmigung der
staatlichen Aufsichtsbehörde unterliegen, ist dieser Behörde zur Prüfung
einzureichen (§§ 7, 8). Die staatliche Aufsichtsbehörde ist zur Erzwingung
des Vollzuges ihrer Anordnungen und Wahrung ihrer Rechte gegenüber
den verwaltenden Organen durch Verhängung von Geldstrafen bis zu
3000 M. berechtigt. Die Androhung und Festsetzung der Strafe darf
wiederholt werden, bis dem Gesetze genügt ist. Außerdem können die
Staatszuschüsse einbehalten, eventuell kann sogar eine kommissarische
Verwaltung der Vermögensangelegenheiten angeordnet werden (§ 9).
Welche Staatsbehörden die in dem vorstehendem Gesetze näher be-
zeichneten Aufsichtsrechte auszuüben haben, bestimmt jetzt die Verordnung
vom 30. Januar 1893 (GS. S. 11). Danach werden diese Aussichtsrechte
ausgeübt von dem Minister der geistlichen Angelegenheiten, und zwar, soweit
das Ressort des Ministers des Innern beteiligt ist, unter Zuziehung des
letzteren bei dem Erwerb, der Veräußerung oder dinglichen Belastung von
Grundeigentum, wenn die Wertsgrenze 100 000 M. übersteigt, bei An-
tiquitätssachen, bei der Errichtung neuer Gottesdienstgebäude, desgleichen
von dem Kultusminister bei Genehmigung der mit Staatszuschüssen aus-
gestatteten Verwaltungsetats, von der Oberrechnungskammer bei Prüfung
der Jahresrechnung solcher Verwaltungen, deren Etats der Genehmigung
der staatlichen Aufsichtsbehörde bedürfen, von dem Oberpräsidenten in allen
übrigen Fällen (d. s. §§ 2, 4, 7, 3, 5 u. 8). Wegen der Verhängung
von Geldstrafen bis zu 3000 M. (8 9 Abs. 1 u. 2) ist der Oberpräsident
zuständig, zur Einbehaltung von Staatszuschußmitteln (im Abs. 3) der
Kultusminister. Gegen die Verfügungen des Oberpräsidenten findet
die Beschwerde statt in den Fällen, in welchen das Ressort des Ministers
des Innern beteiligt ist, an diesen und den Kultusminister, und in
allen übrigen Fällen an den Kultusminister (Art. 1—3 der ged. V.).