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Serbien zum Austrag zu bringen haben würde. Wir haben daher unser ganzes
Bestreben darauf gerichtet, den Krieg zu lokalisieren und die anderen Mächte davon
zu überzeugen, daß Österreich-Ungarn in berechtigter Notwehr und durch die Verhältnisse
gezwungen sich zum Appell an die Waffen habe entschließen müssen. Wir haben nach.
drücklich den Standpunkt vertreten, daß kein Kulturstaat das Recht habe, in diesem
Kampf gegen Unkultur und politische Verbrechermoral Österreich in den Arm zu
fallen und die Serben ihrer gerechten Strafe zu entziehen. In diesem Sinne haben
wir unsere Vertreter im Ausland instruiert.
Gleichzeitig teilte die Österreichisch-Ungarische Regierung der Russischen mit, daß
der von ihr bei Serbien unternommene Schritt lediglich eine defensive Maßregel gegen-
über den serbischen Wühlereien zum Jiele habe, daß aber Österreich= Ungarn notge-
drungen Garantien für ein weiteres freundschaftliches Verhalten Serbiens der
Monarchie gegenüber verlange. Es liege Österreich-Ungarn gänzlich fern, etwa eine
Verschiebung der Machtverhältnisse auf dem Balkan herbeizuführen. Auf unsere Cr-
klärung, daß die Deutsche Regierung die Lokalisierung des Konflikts wünsche und er-
strebe, wurde sowohl von der Französischen als der Englischen Regierung eine Wir-
kung in dem gleichen Sinne zugesagt. Diesen Bestrebungen gelang es indessen
nicht, eine Einmischung Rußlands in die österreichisch-serbische Auseinandersetzung zu
verhindern.
Die Russische Regierung erließ am 24. Juli ein amtliches Kommuniquêé, wo-
nach Rußland unmöglich in dem serbisch-.österreichischen Konflikt indifferent bleiben
könnte. Das gleiche erklärte der russische Minister des Auswärtigen, Herr
Sasonow, dem Kaiserlichen Botschafter Grafen Pourtales. Am Nachmittag
des 26. Juli ließ die k. u. k. Regierung abermals durch ihren Botschafter in
St. Petersburg erklären, daß Österreich-Ungarn keinerlei Eroberungsplänc habe
und nur endlich an seinen Grenzen Ruhe haben wolle. Im Laufe des gleichen
Tages gelangten indes bereits die ersten Meldungen über russische Mobilmachungen
nach Berlin. Noch am 26. abends wurden die Kaiserlichen Botschafter in London,
Paris und Petersburg angewiesen, bei den Regierungen Englands, Frankreichs und
Rußlands energisch auf die Gefahr dieser russischen Mobilisierungen hinzuweisen.
Nachdem Österreich-Ungarn Rußland offiziell erklärt habe, daß es keinen territorialen
Gewinn in Serbien anstrebe, liege die Entscheidung über den Weltfrieden aus-
schließlich in Petersburg. Noch am gleichen Tage wurde der Kaiserliche Botschafter
in St. Petersburg angewiesen, der Russischen Regierung zu erklären:
Vorbereitende militärische Maßnahmen Rußlands werden uns zu
Gegenmaßregeln zwingen, die in der Mobilisierung der Armee bestehen
müssen. Die Mobilisierung aber bedeutet den Krieg. Da uns Frankreichs
Verpflichtungen gegenüber Rußland bekannt sind, würde diese Mobili-
sierung gegen Rußland und Frankreich zugleich gerichtet sein. Wir
können nicht annehmen, daß Rußland einen solchen europäischen Krieg
entfessern will. Da OÖfsterreich-Ungarn den Bestand des serbischen
Königreichs nicht antasten will, sind wir der Ansicht, daß Rußland eine
abwartende Stellung einnehmen kann. Den Wunsch Rußlands, den
Bestand des serbischen Königreichs nicht in Frage stellen zu lassen, werden
wir um so eher unterstützen können, als SÖsterreich-Ungarn diesen Bestand