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-b solche mit deutschklingenden Aufschriften verwüstet, geplündert oder gar in Brand
- gesteckt, deutsche Wohnungen erbrochen und Möbel, sogar Klaviere aus den Fenstern
geworfen. Plündernde Banden durchziehen die Straßen. An ihrer Spitze mar—
schieren feingekleidete Herren, die eine genaue Hroskriptionsliste der Opfer in Händen
halten. Ob nach dem ausdrücklichen Kezept des „Dopolo d-Italia“ die Deutschen
selbst auf den Straßen „wie Hunde“ niedergeschlagen wurden, ist bis jetzt nicht
bekannt. Die Dlünderungen des ersten Tages hörten um 11 Uhr abends auf. Am
Abend darauf, am 28. Mai 0 Ohr, erfolgte noch eine schlimmere Neuauflage.
Der Mob, der die Stadt völlig terrorisierte, zog ganz unbebelligt unter Führung
seiner eleganten nationalistischen Condottieri von neuem vor das Hotel Metropole,
das vollends zerstört wurde. Dann ging es nach der VBia Dante, wo „aus Der-
sehen“ das große Geschäft des italienischen Hoflieferanten Martini geplündert wurde.
Sein TLos, ihr Eigentum der vollständigen Zerwüstung ausgesetzt zu sehen, teilten
achtzig bis hundert deutsche und österreichische, auch Schweizer Geschäfte. Ja sogar
das Herrenkleidergeschäft „Drince of Wales“, das der Döbel vermutlich nicht für
ein durch die lateinische Zivilisation verbündetes, sondern für ein deutsch-barbarisches
Haus ansah, wurde völlig verheert. Ganz ausgeplündert wurde das Seidenhaus
der „Stadt Como“ des Müncheners Heymann, dann das Seidenhaus Deitersen,
dessen Inhaber (o Ironie des Schicksals) zurzeit als Bertreter Italiens auf der
Weltausstellung in San Francisco weilt, und die Filiale der chemischen Fabrik
Merck in Darmstadt. Es wurden ferner völlig zerstört das italienische Modenhaus
Zuckermann, das italienische Haushaltungsgeschäft Sigismund, das Haus der
deutschen Maschinenfirma de Fries, das österreichische Zlumengeschäft Löffler, die
Bureaus der österreichischen „Doldihütte“", das Lampenlager der österreichischen
Firma Dittmar, dann die Bureaus der Firma Zöchling, der Höchster Farbwerke,
das Luxusgeschäft Münsten in der Domgalerie. Darauf zog der Mob von neuem
zur Dension Kieger, wo noch der ZKest von dem, was bisher unzerstört geblieben
war, vernichtet wurde. Durch das Hinauswerfen der Möbel aus dem fünften
Stockwerk wurden zwei Individuen aus der Menge getötet. Auch die Zehnzimmer-
wohnung einer deutschen Dame sowie die Wohnung einer deutschen Tehrerin
wurden völlig verwüstet, die Möbel und das Klavier aus den Fenstern geworfen
und verbrannt. Dolizei und Carabiniere sahen müßig zu, um, wie sie sagten, nicht
durch ihr Einschreiten die Wut der Menge zu erhöhen und den Döbel gar zum
Blutvergießen zu veranlassen. Im Mitternacht wurde in Mailand der Belagerungs-
zustand verhängt. Trotzdem dauerte die Meuterei des Döbels bis drei Thr morgens
an. Die aufgebotene Infanterie war, wie es heißt, gegen die Banden ganz macht-
los, da sie nur aus alten Landsturmleuten bestand. Erst die Kavallerie konnte die
Straßen säubern. Die Wut des Döbels scheint auch dadurch angefacht worden zu
sein, daß, wie unverbürgt verlautet, mehrere hundert VBerwundete in Mailand
ankamen. Die Dresse schweigt dicse Borgänge tot.
(Berliner Tageblatt.)