Die Kaiserlich Deutsche Regierung weiß sich mit der Regierung der Vereinigien Staaten
darin eins, daß es für beide Teile in hohem Maße erwünscht ist, Mißverständnisse zu verhüten,
dle sich aus den von der deutschen Admiralität angekündigten Maßnahmen ergeben könnten, und
dem Eintritt von Ereignissen vorzubeugen, die die zwischen den beiden Regierungen bisher in
so glücklicher Weise bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zu trüben vermöchten.
Die deutsche Regierung glaubt für diese Versicherung bei der Regierung der Vereinigten
Staaten um so mehr auf volles Verständnis rechnen zu dürfen, als das von der deutschen
Admiralität angekündigte Vorgehen, wie in der Note vom 4. Februar eingehend dargelegt
wurde, in keiner Weise gegen den legitimen Handel und die legitime Schiffahrt der Neutralen
gerichtet ist, sondern lediglich eine durch Deutschlands Lebensinteressen erzwungene Gegenwehr
gegen die völkerrechtswidrige Seekriegsführung Englands darstellt, die sich bisher durch keinerlei
Einspruch der Neutralen auf die vor dem Kriegsausbruch allgemein anerkannte Rechtsgrundlage
hat zurückführen lassen.
Um in diesem kardinalen Punkte jeden Zweifel auszuschließen, erlaubt sich die deutsche
Regierung nochmals die Sachlage festzuftellen:
Deutschland hat bisher die geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen auf dem Gebiete des
Seekriegs gewissenhaft beobachtet, insbesondere hat es dem gleich zu Beginn des Krieges
gemachten Vorschlag der amerikanischen Regierung, nunmehr die Londoner Seekriegsrechts-
erklärung zu ratifizieren, unverzüglich zugestimmt und deren Inhalt auch ohne solche formelle
Bindung unverändert in sein Prisenrecht übernommen. Die deutsche Regierung hat sich an
diese Bestimmungen gehalten, auch wo sie ihren militärischen Interessen zuwiderliefen; so hat
sie beispielsweise bis auf den heutigen Tag die Lebensmittelzufuhr von Dänemark nach England
zugelassen, obwohl sie diese Zufuhr durch ihre Seestreitkräfte sehr wohl hätte unterbinden können.
Im Gegensatz hierzu hat England selbst schwere Verletzungen des Völkerrechts nicht gescheut,
wenn es dadurch den friedlichen Handel Deutschlands mit dem neutralen Ausland lähmen konnte.
Auf Einzelheiten wird die deutsche Regierung hier um so weniger einzugehen brauchen, als
solche in der ihr zur Kenntnis mitgeteilten amerikanischen Note an die britische Regierung vom
28. Dezember v. J. auf Grund fünfmonatiger Erfahrungen zutreffend, wenn auch nicht
erschöpfend, dargelegt sind.
Alle diese Uebergriffe sind zugestandenermaßen darauf gerichtet, Deutschland von aller Zufuhr
abzuschneiden und dadurch die friedliche Zivilbevölkerung dem Hungertod preiszugeben: ein jedem
Kriegsrecht und jeder Menschlichkeit widersprechendes Verfahren.
Die Neutralen haben die völkerrechtswidrige Unterbindung ihres Handels mit Deutschland
nicht zu verhindern vermocht. Die amerikanische Regierung hat zwar, wie Deutschland gern
anerkennt, gegen das englische Verfahren Protest erhoben; trotz dieses Protestes und der Pro-
teste der übrigen neutralen Regierungen hat England sich von dem eingeschlagenen Verfahren
nicht abbringen lassen. So ist noch vor kurzem das amerikanische Schiff „Wilhelmina“ von
englischer Seite aufgebracht worden, obwohl seine Ladung lediglich für die deutsche Zivil-
bevölkerung bestimmt war und nach einer ausdrücklichen Erklärung der deutschen Regierung nur
für diesen Zweck verwendet werden sollte.
Dadurch ist folgender Zustand geschaffen worden:
Deutschland ist unter stillschweigender oder protestierender Duldung der Neutralen von der
überseeischen Zufuhr so gut wie abgeschnitten, und zwar nicht nur hinsichtlich solcher Waren,
die absolute Konterbande sind, sondern auch hinsichtlich solcher, die nach dem vor Kriegsausbruch
allgemein anerkannten Recht nur relative Konterbande oder überhaupt keine Konterbande sind.
England dagegen wird unter Duldung der neutralen Regierungen nicht nur mit solchen
Waren versorgt, die keine oder nur relative Konterbande sind, von England aber gegenüber
Deutschland als absolute Konterbande behandelt werden (Lebensmittel, industrielle Rohskoffe usw.),
sondern sogar mit Waren, die stets und unzweifelhaft als absolute Konterbande gelten. Die