Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 3 (3)

  
militärische Siellung und wirtschaftliche Stärke ihm gestatten, auch sede Mißdeutung seiner 
Bereiltschaft als „Zeichen der Schwäche“ mit ruhigem Krastbewußtsein hinzunehmen. Demnach 
können wir und müssen deshalb vom Frieden reden. Meine Dartei hat bei den verantwort- 
lichen Siellen gegen die Eroberungspläne sofort entschiedene Berwahrung eingelegt. Annexionen 
volksfremder Gebiete verstoßen gegen das von uns vertretene Selbstbestimmungsrecht der Zölker. 
Ebenso scharf aber weisen wir auch die gegen das Deutsche Reich und seine Verbündeten ge- 
richteten Eroberungsabsichten der feindlichen Mächte zurück. 
Den Gedanken einer Angliederung Elsaß-Lothringens an Frankreich, einerlei, in welcher 
Form sie erstrebt wird, lehnen wir ab. Die Frage unserer Zolksernährung im Kriege ist eine 
Frage der Organisation und rücksichtsloser Entschlossenheit. Ebenso wie hier, haben sich auch 
die Hoffnungen der Gegner auf militärischen Zusammenbruch Deutschlands als unbegründet 
erwiesen. Es ist ein verbrecherisches Treiben, wenn die uns feindlichen Staatsmänner und 
Dolitiker ihren Bölkern immer wieder vorgaukeln, daß die militckrische Situation sich zu unseren 
Ungunsien wesentlich ändern könnte. Nach diesen unerschütterlichen Tatsachen sind wir es, die 
vom Frieden sprechen können und müssen. Die Worte der Thronrede, daß uns nicht Erobe- 
rungslust treibe, sollte man an keiner Stelle vergessen. Wenn der Reichsregierung sich die 
Möglichkeit bietet, einen Frieden zu schließen, der dem deutschen Dolke die politische Unab- 
hängigkeit, die Unversehrtheit des Reiches und die wirtschaftliche Enswicklungsfreiheit sichert, 
dann fordern wir, daß sie Frieden schließt. 
In Beantwortung der Interpellalion erklärte hierauf der Reichskanzler v. Bethmann 
Hollweg u. a.: Bisher hat tatsächlich keiner unserer Feinde uns Friedensangebote gemacht, 
unsere Feinde haben es vielmehr als in ihrem Interesse gelegen angesehen, uns — ich habe darauf 
vorhin hingedeutet — fälschlich Friedensangebote anzudichten. Beides hat denselben Grund: 
eine Selbsttäuschung sondergleichen, die wir nur verschlimmern würden, wenn wir mit Frledens- 
angeboten kämen (Lebhafte Kufe: Sehr wahr!), stati daß sie uns kommen. Wenn sch über 
unsere Friedensbedingungen sprechen soll, muß ich mir zuerst die Friedensbedingungen unserer 
Feinde ansehen. „Statesman“, ein als gemäßigt bekanntes BZlatt, enthält unter den Friedens- 
bedingungen die Rückgabe Elsaß-Lothringens, ZBernichtung des preußischen Militarismus, Der, 
treibung der Türken aus Europa usw. Ein früherer Ministker verlangt die Abtrelung des 
ganzen Gebseis links des Kheins. Ee bleibt eben alles beim alten. Deutschland muß ver- 
nichtet werden. So klingt es aus der französischen Presse heraus. Noch immer wird Elsaß. 
Loihringen gefordert. Hanokaux hat noch ganz kürzlich im „Figaro“ im Gegensah zu der sonft 
üblichen Legende von dem „überfallenen Frankreich“ das offene ekenntnis abgelegt, Frankreich 
habe den Krieg gemacht, um Elsaß-Lothringen zu erobern. (Höri, hört!) TZöllig entscheldend 
Ist aber: Mister Asquith — auch darauf hat der Vorredner schon hingewiesen — hat in sesner 
Guildhallrede verkündet, seine Kriegsziele seien noch dieselben wie beim Ausbruch des Krleges: 
die Freiheit der kleinen Böller und die Vernichtung des Militarismus. Briand hat erklärt, 
Frankreich würde das Schwert nlcht in die Scheide stecken, bevor nicht der deutsche oder preu- 
ßische Militarlsmus niedergekämpft ist. Der englische Kolonialmlnister will in Elsaß und in 
Dolen die Durchführung des Nalionalitätenprinzipg. Es wird ganz inleressant sein aus 
England zu hören, was nach dem Nationalitätenprinzip z. B. aus Indien und Aegypten werden 
müßte. (Große Heiterkeit und Beifall.) Briand will außer der Wiederhersiellung Serbiens 
und Belgiens unter allen Umständen Elsaß-Lothringen haben. Sasonow hat ziemlich deutlich 
auf Konstantinopel hingewiesen. 
Ich kann aber auch nicht ihre Forderungen etwa als Bluff ansehen, um sie nicht ernst zu 
nehmen. Inter der Drotektion der Regierungen hat man die Bölker von Anfang an über die 
Wirklichkeiten getäuscht. Nun sieht man, daß mit alledem keine Siege erfochten werden. Man 
hat eine Reihe militärischer und diplomatischer Niederlagen erlitten. Aber das Ceterum censeo, 
daß Deulschland zertrümmert werden soll, soll trohdem nicht aufsgegeben werden; man hat sich 
 
	        
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