Die Meldung der Agenzia Siefani vom 10. Mai gibt die Tatsache der Versenkung des
Schiffes zu, als deren Urheber sie ein den italienischen Seesirelikraͤften beigegebenes französisches
Tauchboot bezeichnet, fügt aber bei, der Dampfer sei ein Transportschiff und mit Kriegsmaterial
beladen gewesen. Diese Angabe ist glatt erfunden. Das Schiff, ein kleiner Lokaldampser von
51 Meter Länge und 480 Tonnen Raumgehalt, konnte selbstverständlich weder Truppen noch
Kriegsmaterial an Bord haben; ebensowenig war dies bei irgendeinem der früher genannten
Dampfer der Fall.
Stellt sich sonach die tückische Beschießung des kleinen Fahrzeuges schon an und für sich als
ein brutaler, durch nichts zu entschuldigender, der Menschlichkeit hohnsprechender Gewalistreich dar,
so konnte das Abfeuern des zweiten Torpedos auf den bereits im Sinken begriffenen, von Fettungs-
booten umgebenen Dampfer nur bezwecken, die Rettung der Dersonen, deren Leben andernfalls
hätte bewahrt werden können, zu verhindern. Dleses Vorgehen läßt sich daher nur als vor-
bedachter Mord bezeschnen. Die Berantwortung dafür trifft auch die italienische Reglerung, da
das Unierseeboot, um das es sich handelt, im Zerbande der italienischen Seestreitkräfte operierte.
(W. T. B.)
Sir Edward Grey über Englands Friedensbedingungen.
Rotter dam, 15. Mal. In einer Unterredung mit dem Londoner Dertreter von „Chlcago
Dailp News“ am 10. Mal erklärte Staatssekretär Grey u. a.:
Die preußische Tyrannei in Wesieuropa mit Einschluß Englands wird nicht flandhalten.
Was Hreußen beabsichtigt, ist die preußische Oberherrschaft. Es beabsichtigt ein von Dreußen
geformtes und beherrschtes Europa. Wir bekämpfen auch die deutsche Idee von der Nühzlich
kelt, sa von der Erwünschtheit eines immer wiederkehrenden Krieges. Wir haben den Glauben
an internationale Konferenzen.
Nachdem Grey die Weigerung Deutschlands, einer Konferenz über die österrelchischen For-
derungen an Serbien zuzustimmen, besprochen hatte, fuhr er sort: Die Konferenz, die wir
vorschlugen, oder das vom Zaren vorgeschlagene Haager Schiedsgericht hätten den Streit in
einer Woche etwa beendet, und all dleses Unglück wäre abgewendet worden.
Auf die Frage des Korrespondenten, ob Grey glaube, daß die Neutralen zum Frleden
verhelfen könnten, antwortete Grey: Wenn die Teute mist friedlichen Ratschlägen zu mir
kommen, sollen sse mir sagen, welche Art Frieden ste im Sinne haben. Sie sollen mich wissen
lassen, auf welcher Seste sie skehen. Friedliche RKatschläge, die rein abstrakt sind und kelnen
Unterschied zu machen versuchen zwischen Recht und Unurechi des Krieges, sind ohne Wirkung
und unerheblich.
Mi#t Nachdruck bestritt dann Grey, daß vor dem Kriege irgendelne Koalition gegen Deutsch-
land beskand oder daß ihm der Krieg aufgezwungen wurde.
Grey fuhr fort: Auf alles dies sagen wir zu Deutschland: Erkennet den Grundsatz an,
den dlesensgen, die die Freihe#t lieben, überall betonen, gebei den Nationalitäten wirkliche Frei-
heit, nicht eine sogenannte Freiheit, die den unterworfenen Böskern von der preußischen Tyrannei
als Almosen zugeteilt wird, und leistet Ersatz für das zugesügie Anrecht, soweit er geleistet
werden kann. Grey fuhr fort, daß die Grundlage der britischen Annäherungen in den letzten
Jahren darin bestand, guie Zezlehungen zu sichern und den Streitigkeiten der anderen Mächte
ein Ende zu setzen. Das Abkommen mit Frankreich und dann mit Kußland geschah nicht in
seindseliger Absicht gegen Deutschland oder irgendelne andere Macht, sondern nur in der Abslcht,
einem dauernden Frieden eine Bahn zu schaffen.
In bezug auf die deutsche Behauptung, das einzige wirkliche Hindernis des Friedens sel
England, erklärte Grey: Niemand wünscht den Frieden mehr als wir.
Als der Dertreter des Zlattes fragte, ob Greyp bemerkt habe, daß der Relchskanzler behaupte,
daß England das geeinigte und freie Deutschland zu zerstören wünsche, erwiderie Grey: Wir
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