Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 4 (4)

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als Rußland durch die enigegen seinen uns ausdrücklich gegebenen Zusicherungen erfolgte plöß= 
liche Mobilmachung seiner gesamten Armee den Krieg unvermeidlich machte. Hätie England 
damals ein ernsies Wort in Detersburg gesprochen, so wäre der Krieg vermieden worden. 
England tat das Gegenteil. Aus dem Bericht des belgischen Gesandten in Deiersburg weiß 
die Well, daß die russische Kriegspartei die Oberhand erhielt, als sie wußie, daß sie auf die 
englische Unierstützung rechnen konnte. Und weshalb handelte England so? TLassen Sie mich 
ganz kurz rekapitulieren, was die englischen Staatsmänner darüber gesagt haben. 
Am 3. Augusk 1914 sagte Sir Edward Grey, England werde kaum weniger leiden, wenn 
es am Kriege teilnehme, als wenn es sich nicht daran beteilige. Zugleich wies er auf das 
große vitale Interesse hin, das England an Zelgien habe. Nicht um Belgiens, sondern um 
Englands willen hielt also Grey Englands Eintritt in den Krieg für angezeigt. Drei Tage 
späler erklärte Herr Asquith, der Kriegsgrund Englands sei ein doppelier gewesen: ersfens um 
eine feierliche internationale Verpflichtung zu erfällen, zweitens um dem Drinzip Geltung zu 
verschaffen, daß kleine Nationen nicht erdrückt werden dürsen. 
Derselbe Herr Asquith hat in seiner letzien RKede erklärt, England und Frankreich hätten 
am Kriege teilnehmen müssen, um Deutschland zu verhindern, eine beherrschende Stellung zu 
gewinnen. Ist es nicht der Gipfel des Militarismus, sich an einem Kriege gegen ein anderes 
Land zu beteiligen, mit dem man tatsächlich keinen anderen Streitpunkt hat, als es zu ver- 
bindern, slark zu werden?“ 
„Ja, aber Belgien?“, erlaubte ich mir einzuwerfen. 
„Belgien“, sagie der Kanzler. „England hat es messterhaft verskanden, der Welt einzureden, 
es habe zum Schutze Zelgiens zum Schwert greifen müssen, und müsse um Belgiens willen 
den Krieg bis ins Unendliche sorisehen. Damit stimmen die soeben zitierten Reden der engli, 
schen Staatsmänner doch recht wenig überein, und, wissen Sie, wie man in früheren Zeiten 
in England über belgische Neutralität dachte!) Am 4. Februar 1887 sagke das offizielle Organ 
der damaligen konservaliven FRegierung, der „Standard“, daß, wenn Deutschland im Fall eines 
Krieges ein Wegerecht durch Zelgien in Anspruch nehme, das in keiner Weise Englands Ehre 
verletzen oder seine Interessen schädigen würde, solange nur die Integrität und Unabhängigkeik 
Belgiens nicht in Frage gestellt werde. Kein englisches Zlalt erhob gegen diesen Standpunkt 
Widerspruch, sa, die liberale „Dall Mall Gazette“ schloß sich ihm ausdrücklich an. Wie aber 
war es seht vor Ausbruch des Krieges!? Ausdrücklich bot ich England volle Garantie für die 
Integrität und Unabhängigkeit Belgiens. England aber wies dieses Angebot als einen „nieder- 
trächtigen Dorschlag“ ab. 1887 galt eben Frankreich als Englands Rivale, 1014 war es 
Deutschland, und deshalb gab Englands Interesse den Ausschlag für den Krieg.“ 
„Euere Exellenz wollen“, erlaubte ich mir zu bemerken, „lieber von der Zukunft als von 
der Gegenwart sprechen.“ 
„Ja“, versicherte der Kanzler, „das ziehe ich vor, denn mit retrospektiven Zemerkungen kommen 
wir nicht vorwärts. 
Gir Edward Grey will einen dauerhaften Frieden, den will auch ich. Seit Anfang des 
Krieges habe ich das immer wieder ausgesprochen. Aber ich fürchte, daß wir dem Frieden, 
der, wie ich glaube, von allen Bölkern herbeigesehnt wird, nicht näherkommen werden, solange 
verantwortliche Staatsmänner der Entente sich in Bemerkungen über preußische Tyrannei, 
preußischen Militarssmus und in pathelischen Deklamationen über ihre eigene Leberlegenheit 
und Vollkommenheit ergehen oder gar, wie es sehl Sir Edward Grey tut, Deutschland mit 
einer Deränderung seiner politischen Zustände beglücken wollen. Darauf kann ich dem engli- 
schen Minister, dem die irischen Zustände doch Zurückhaltung auferlegen sollten, nur erwidern, 
daß Deutschland Homerule hat, über die es selbständig verfügl. Und, lassen Sie mich das 
einschalten, hat denn die demokratische Berfassung Englands die englischen Staatsmänner an 
  
               
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