Das zwischen Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Jtalien abgeschlossene Bündnis hatte nach
den eicenen Erllärungen der Regierungen nur einen wesentlich erhaltenden und verteldigenden
Charakter. Sein Hauptziel war, die verbündeten Länder gegen seden von außen kommenden
Angris zu schützen und einen Zustand zu befestigen, der durch srühere Verträge geschaffen worden
war. In dem Wunsche, feine Politik mit diesen friedlichen Bestrebungen in Einklang zu bringen,
schloß sich Kumänien diesem Bändnis an, mit dem Werke seiner inneren Verfassung beschäftigt
und treu seinem festen Entschlusse, in der Gegend an der unteren Donau ein Element der
Ordnung und des Gleichgewichtes zu blelben. Kamänien hörte nicht auf, zur Aufrechterhaltung
des Friedens am Balkan beizutragen. Die lehten Balkankriege, welche den stefus duo zer-
trümmerten, zwangen ihm eine neue Fichtung für sein VBerhalten auf. Sein Eingreifen be-
wirkte den Frieden und stellte das Gleichgewicht wieder her. Kumänien begnägte sich mit elner
Grenzberichtigung, die ihm mehr Sicherheit gegen einen Angriff verschaffte und zu gleicher Zeit
eine Ungerechtigkeit gul machte, dle zu seinem Schaden auf dem Berliner Kongreß begangen
worden war. Aber in der Verfolgung dieses Zieles erlebte Kumänien die Enitäuschung, fest-
stelten zu müssen, daß es von seiten des Wiener Kablnetts nicht der Haltung begegnete, die "
es mit Zecht erwarten konnte. .
Als der gegenwärtige Krieg ausbrach, lehnte es Kumänten ebenso wie Italien ab, sich der 7
Krlegserklarung Oestkerreich-AUngarns anzuschließen, von der es vorher vom Wiener Kabinett
nicht benachrichtigt worden war. Im Frühsjahr 1015 krat Italien in den Krieg mit Oestoerreich, z
ungarn. Der Dreibund beskand nicht mehr. Die Gründe, welche den Anschluß RKumäniens *
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an dieses politische System besiimmt hatten, verschwanden in demselben Augenblick.
An die Stelle einer Gruppe von Staaten, die durch gemeinsame Anstrengungen an der
Sicherung des Friedens und der Erhaltung der tatfächlichen und rechtlichen Lage, wie sie durch
die Verträge geschaffen war, zu arbeiten suchten, bekand man sich Mächten gegenäüber, die nur
in der beskimmten Absscht Krieg führten, die früheren Zerhältussse, die als Grundlage ihres
Bündnutsvertrages gedient hatten, von Grund aus zu ändern. Dlese tiesen Aenderungen waren
für RKumänien der llare Beweis, daß das Ziel, welches es verfolgen sollte, als es sich dem
Drelbunde anschloß, nicht mehr erreicht werden konnte, und daß es seine Absichten und An-
strengungen in neue Wege lenken mußte. Dies um so mehr, als das von Oesterreich-(ngarn
unternommene Werk einen die wesentlichen Interessen Kumäniens ebenso wie seine legitimsten
nationalen Wünsche bedrohenden Charakter annahm. Angesichis einer so radikalen Aenderung
der zwischen der österreschischungarischen Monarchie und Kumänien geschaffenen Lage hat letzteres
seme Handlungsfreiheit wiedergewonnen. Die Neutralttät, welche sich die Königliche Reglerung
nach einer Kriegserllérung auferlegie, die außerhalb ihres Willens und entgegen ihren Interessen
erlassen worden war, war in erster Linie infolge der zu Anfang von der Kaiserlich-Könlglichen
Regierung gegebenen Zusicherungen angenommen worden, daß die Monarchie bei ihrer Kriegs-
erklärung an Serbien nicht von Eroberungsdrang beseelt gewesen sei, und daß sie in keiner
Hinsicht auf Landerwerb ausgehe. Oiese Zusicherungen haben sich nicht verwirklicht. Heute
stehen wir vor einer tatsächlichen Lage, aus der große territorialc und politische #mänderungen
bervorgehen können, die derart sind, daß sie eine schwere Bedrohung der Sicherheit und Zukunst
Rumäniens bilden. Das Friedenswerk, wesches Rumänien, ireu dem Geiste des Dreibundes,
zu schaffen versucht hatte, wurde so von densenigen selbst unfruchtbar gemacht, die dazu berufen
waren, es zu stützen und zu verteidigen.
Als Rumänien sich 1883 der Gruppe der Mittelmächte anschloß, hatte es, weit entfernt, die
Bande des Blutes zu vergessen, welche dle Bevölkerung des Königreichs mit den rumönischen
Untiertanen der österreichischlungarischen Monarchle verband, in den zwischen den drel großen
Mchten geschaffenen Bezlehungen der Freundschaft und des Bündnisses ein wertvolles Pfand
seiner inneren Kuhe wie auch der Verbesserung des Schscksals der RKumänen Oesterreich-(ngarns
gesehen. In der Tat konnten Deutschland und Italien, die ihre Staaten auf der Grundlage
des Nationalitaͤtenprinzips wieder aufgebaut hatien, nichts anderes als die Gesetzmäßigleit der
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