Debatte über Räumung und Selbstbestimmungsrecht in Brest-
Litowsk. — Scharse Erklärung des Generals Hossmann.
Vrest Litowmsk, 13. Januar. Die am 11. d. M. konslituserte deutsch. österreichisch=
ungarischrussische Kommission zur Beratung der lerritorialen Fragen hielt am 11. und
12. d. M. drei lange Sihungen ab.
Es gelangie u. a. nach längerer Deballe die Frage zur Erörterung, auf welche Teile der
besetzten Gebiete sich die Räumung zu erltkrecken habe.
Das Ergebnid der beiderseitigen Ausführungen über diesen Hunkt wurde vom Staats-
sekretär v. Kühlmann folgendermaßen zusommengefaßt: Herr Trotli hatf vorgeschlagen: Er-
richtung von Dertrelungskörpern, denen die Organisotion und die Feslsetzung dersenigen
Modalilälen übertragen werden soll, unter denen von uns einstweilen rein theorekisch lonzedterte
Vollsabstimmungen oder Volkskundgebungen auf breilerer Basis erfolgen sollen, während wir
auf dem Standpunkt flehen und stehen bleiben müssen, daß mangels anderer Vertretungskörper
die vorhandenen und historisch gewordenen Bertrelungskörper präsumtiv der Ausdruck des
Volkswillens sind, besonders in der einen vitalen Frage des Willens der Nalion, eine
Nation zu sein.
Zusammenfassend #ellte Slaakssekrekär v. Kühlmann fesl, daß sich aus den Ausführungen
Herrn Troßlis zu ergeben scheine, er wäre bereil, die in den beseßten Gebieten vorhandenen
Organe der Boltsvertrekung als provisorische Obrgane anzuerkennen, wenn diese Landteile nicht
muslitcrisch besetzt wären, und er würde diesen dann auch die Befugnis zuerkennen, das von
ihm geforderte RKeferendum durchzuführen.
Herr Trohli erklärte hieraufs, daß Aeußerungen von Landtagen, Siellvertretungen und
dergleichen als Acußerungen des Willens eines beslimmten, einflußreichen Teiles der Bevölkerung
aufgefsaßt werden könnten, die aber nur Grund zur Annahme bildeten, daß das betreffende
Volk mit seiner taatlichen Hosition unzufrieden sei. Hieraus ergebe sich die Schlußfolgerung,
daß ein Referendum eingeholt werden mässe, wozu aber die Schaffung eines Organs Vor-
bedingung sei, das die freie Abssimmung der Bevölkerung garantieren könne.
Nach längerer Debatie unterbreikete der russische Delegierte Kamenow folgende PBLorschläge:
ed 1. Das Terrikorium. Das Selbstbestimmungsrecht skeht den Nalionen und nicht ihren
Teilen zu, die okkupiert worden sind, dementsprechend gibt die russische Regierung aus eigener
Initiative das FRecht der gleichzeitigen Selbstbeskimmung auch den Teilen der genannten
Nationen, die außerhalb der Besehungs zone leben. RKußland verpflichtet sich, diese Gebiete
weder direkt noch indirekli zur Annahme dieser oder der anderen Staatssorm zu nöligen, ihre
Gelbständigkeit durch keine Joll, oder Militärkonventionen zu beengen, die vor der endgülligen
Konsütuterung dieser Gebiete auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes dieser Nalionen
geschlossen würden.
Die Regierungen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns bestäligen ihrerseits kategorisch das
Fehlen irgendwelcher Ansprüche sowohl auf die Einverleibung in das Terrilorium Deutschlands
und Oeslerreich--Ungarns, der Gebsete des früheren russischen Koiserreichs, die setzt von den
Hecren Deutschlands oder Oeslerreich--Ungarns okkupiert worden sind, wie auf die sogenannten
Grenzkorrekluren auf Koslen dieser Gebsete.
Gleichzeitig verpflichten sie sich, diese Gebiete nicht, weder direkt noch indirekt, zur Annahme
dieser oder sener Staatöform zu nötigen, ihre Unabhängigkeit nicht durch irgendwelche Zoll.
oder Militärkonventionen zu beengen, die geschiossen würden vor der endgälligen Konftituierung
dieser Gebiete auf Grund des polilischen Sebstbestimmungsrechtes der sie bevölkernden
Nalonen.
ad 2. Die Löfung der Frage über die Geschicke der sich selbst bestimmenden Gebiete muß
unter der Bedingung der vollen polilischen Freiheit und des Fehlens jedes Cußeren Druckes
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