Full text: Amtliche Kriegsdepechen Band 8 (8)

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Reichskanzler Graf Heriling über v. Kühlmanns Rücktritt. — 
Unveränderter Kurs. 
Berlin, 11. Juli. Im Hauptausschusse des FReichslages erklärte der Reichskanzler Graf 
Heriling, daß der Wechsel in der Leitung des Auswärtigen Amtes an dem Kurse der gesamien 
Reichspolitik nicht bas geringste ändern werde. Sowohl die innere als die dußere Dolifik des 
Reiches werde sich nach wie vor auf den Bahnen bewegen, die in den früheren Erklörungen 
des Kanzlers vorgezeichnet waren. Soweit der Wille der Regierung in Betracht komme, seien 
in innerpolitischer Hinsicht alle gegebenen Zusagen eingehalten worden. Die Regierung werde 
auch mit voller Energie auf die Durchführung der in die Wege geleiteten Reformen bestehen 
und diese zu Ende führen. Nach außen hin sei die Reichspolltik programmaiisch in der Antwort 
auf die Friedensnote des Papftes festgelegt. Aller Well sei die ehrliche Friedensbereitschaft der 
deulschen KRegierung seit langem bekannt. Es habe sich daran auch weder bisher etwas 
geändert, noch werde dies in Zukunft geschehen. Demgegenüber stehe aber die Tatsache fesi, 
daß der Vernichtungswille der Feinde nach wie vor aufs stärkste hervortrete, zuletzt erst wieder 
in den Reden von Wilson und Balfour. Solange darin kein Wandel geschehe, seien wir zum 
Weilerkämpfen um unsere Freiheit und Wohlfahrt genöligt. In der Bereilwilligkeil, auf 
wirklich ernsie Berhandlungsvorschläge der uns seindlichen Mächte einzugehen, sei aber die 
polilische Reichsleitung mil der Obersten Heeresleitung vollkommen einig. 
Der Kanzler berührte dann noch im einzelnen die Zukunfisprobleme im Osten und Westen. 
Er besprach die Ermordung des Gesandten Mlrbach in Moskau und sagie u. a.: „Alle Spuren 
deuten darauf hin, daß die fluchwürdige Tat auf Anregung der Entente geschehen ist, um uns 
mil der setzigen russsschen Regierung neuerdings in Krieg zu verwickeln, — ein Zustand, den 
wir auf das eifrigste vermeiden wollen; wir wollen keinen neuen Krieg mil Rußland. Die 
sehige russische KRegierung wilt den Frieden und braucht den Frieden, und in dieser friedens- 
geneigien Absicht unlerstühen wir sie. Wir stehen so, daß wir loyal mit der jetzigen rufsischen 
Regierung verhandeln, daß wir nichts unternehmen, was die russische Regierung in ihrer 
Stellung schädigen könnte, daß wir aber unsere Ohren und unsere Augen offen halten, um uns 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
  
  
  
   
  
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nicht durch eine plöhliche Umwandlung der doriigen Verhälinisse ins Unrecht setzen zu lassen, 2 
überraschen zu lassen. Ich kann nur an das Wort erinnern, das einmal Gorkschakow gesprochen hat: * 
Wir sind stumm, aber wir sind nicht taub. Wir lassen uns mit gar keinen politischen Gegenströmungen 
ein, aber wir horchen aufmerlsam, wohin die Richtung in Rußland geht. Das i#st der Standpunkt, den 75 
ich einnehme, das isi der Standpunkt, über den auch ich bei den Besprechungen am 2. Juli im Großen t 
Hauplquartier die vollste Klarheit und das vollste Einverskändnis zwischen allen Beteiligten 27 
gefunden habe. Ich kann sagen, daß der Herr Staatssekretser v. Kühlmann, der selbst bei "“ 
diesen Zesprechungen nicht anwesend war, mit diesem Standpunkte vollkommen einverstanden r 
gewesen ist, und daß die Oberste Heeresleitung diesem Standpunkte ebenso vollkommen beigetreten 8 
ist. Ueber Einzelheiien kann im Einzelfalle da oder dort eine Meinungsverschiedenheit auftreten, * 
aber die Grundlinie ist die, die ich eben gezeichnet habe.“ 3 
Im Anschluß daran sprach der Reichskanzler von den Gründen, die zu dem Rücktritt des * 
Siaaissekretärs v. Kühlmann geführt haben. Er wies darauf hin, daß es keine sachlichen, * 
sondern persönliche Gründe waren, die Herrn v. Kühlmann veranlaßt haben, um Enthebung 
von seinem Amt zu bitten. Er habe sich von ihm krennen müssen, da das notwendige Der, 
trauensverhältnis zwischen ihm und anderen Faktoren nicht bestanden habe. Der Reichskanzler * 
fuhr dann fort: Es versteht sich von selbst, daß ich meine Kontragnisierung oder Unterschrifl & 
zu der Ernennung des Herrn v. Hintze nur dann gebe, wenn Herr v. Hiutze meine Dolitik ·x# 
macht und nicht seine eigene. Dafür habe ich aber bereits in den Zusagen des Herrn von 
Hintze — die Ernennung ist noch nichk erfolgt —, meinerseits die feste Zürgschaft. Ich mache — 
die Dolilik. Der Stiaatssekretädr des Auswärtigen Amis hat lediglich meine Holilik zu führen. ¾7 
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