Full text: Amtliche Kriegsdepeschen Band 1 (1)

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. verlehe. Die Hypothese eines französtschen Angriffs auf Deutschland durch Belgien 
öhabe gerade soviel Wahrscheinlichkeit für sich. Der Gesandte führt dann wörtlich 
. folgendes aus.: 
„DZon der französischen Seite her droht die Gefahr nicht nur im Süden von 
* Luxemburg. Sie bedroht uns auf unserer ganzen gemeinsamen Grenze. Für diese 
* Behauptung sind wir nicht nur auf Dutmaßungen angewiesen. Wir haben dafür 
positive Anhaltspunkte. Der Gedanke einer IUmfassungsbewegung von Norden her 
* gehört zweifellos zu den Kombinationen der Entente cordiale. Wenn das nicht der 
— Fall wäre, so hätte der Plan, Vlissingen zu befestigen, nicht ein solches Geschrei in 
* Paris und London hervorgerufen. Man hat dort den Grund gar nicht verheimlicht, 
* aus dem man wünschte, daß die Schelde ohne Verteidigung bliebe. Man verfolgte 
dabei den Zweck, unbehindert eine englische Garnison nach Antwerpen überführen 
* zu können, also den Zweck, sich bei uns eine Operationsbasis für eine Offensive in 
9# der Kichtung auf den Niederrhein und Wesifalen zu schaffen und uns dann mit 
* fortzureißen, was nicht schwer gewesen wäre. Denn nach Dreisgabe unseres natio- 
— nalen Zufluchtsortes hätten wir durch unsere eigene Schuld uns jeder Möglichkeit 
* begeben, den Forderungen unserer zweifelhaften Zeschützer Widerlkand zu leisten, 
3 nachdem wir so unklug gewesen wären, sie dort zuzulassen. Die ebenso perfiden 
* wie naiven Eröffnungen des Obersten Barnadiston zur Zeit des Abschlusses der 
Entente cordiale haben uns deutlich gezeigt, um was es sich handelte. Als es sich 
* herausstellte, daß wir uns durch die angeblich drohende Gefahr einer Schließung 
—* der Schelde nicht einschüchtern ließen, wurde der Plan zwar nicht aufgegeben, aber 
* dahin abgeändert, daß die englische Hilfsarmee nicht an der belgischen Küste, sondern 
* in den nächstliegenden französischen Häfen gelandet werden sollte. Hierfür zeugen 
auch die Enthüllungen des Kapitäns Faber, die ebensowenig dementiert worden 
. sind, wie die Nachrichten der Zeitungen, durch die sie bestätigt oder in einzelnen 
* Dunkten ergänzt worden sind. Diese in Calais und Dünkirchen gelandeie englische 
* Armee würde nicht an unserer Grenze entlang nach Longwy marschieren, um 
zt Deutschland zu erreichen. Sie würde sofort bei uns von Nordwesten her eindringen. 
ß Das würde ihr den Vorteil verschaffen, sofort in Aktion treten zu können, die 
* belgische Armee in einer Gegend zu treffen, in der wir uns auf keine Festung stützen 
können, falls wir eine Schlacht riskieren wollen. Es würde ihr ermöglichen, an 
“ Ressourcen aller Art reiche Hrovinzen zu besetzen, auf alle Fälle aber unsere Mobil= 
* machung zu behindern oder sie nur zuzulassen, nachdem wir uns formell verpflichtet 
* haͤtten, die Mobilmachung nur zum Vorteile Englands und seines Bundesgenossen 
durchzuführen. 
* Es ist dringend geboten, im voraus einen Schlachtplan für die belgische Armee 
naaurch für diese Eventualität aufzustellen. Das gebietet sowohl das Interesse an 
. unserer militärischen Zerteidigung als auch die Führung unserer auswärtigen Holitik 
* im Falle eines Krieges zwischen Deutschland und Frankreich.“ 
*5 Diese Ausführungen von vorurteilsfreier Seite stellen in überzeugender Weise 
die Tatsache fesi, daß dasselbe England, das sich jetzt als Schirmherr der belgischen 
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