Full text: Amtliche Kriegsdepeschen Band 2 (2)

Vormittags verweilten die beiden Minister mehrere Stunden im Zwiegespräch. 
Am Mittag erschien der Reichskanzler beim Armee-Oberkommandanten Erzherzog 
Friedrich in Audienz, der auch Erzherzog Carl Franz Joseph beiwohnte. Um 1 Uhr 
nachmittags nahmen die beiden Minister an dem Frühstück bei Erzherzog Karl 
Franz Joseph teil, zu dem auch Generalstabschef Freiherr Conrad von Hötezndorf 
erschien. Nachmittags 4½ Uhr erfolgte die dritte Begegnung der beiden Staats- 
männer beim Tee im Quartier des Freiherrn v. Burian, die bis 7 Uhr abends 
dauerte, worauf Freiherr v. Burian seinen Gast zum Bahnhof geleitete. (W. T. B.) 
Die Gesamtbeute der Winterschlacht in Masuren. — Die völlige 
Vernichtung der russischen 10. Armee. 
Großes Hauptquartier, 22. Februar. 
Westlicher Kriegsschauplatz. Oestlich Ypern wurde gestern wieder ein feind- 
licher Schützengraben genommen. Feindliche Gegenangriffe auf die gewonnenen 
Stellungen blieben erfolglos. 
In der Champagne herrschte auch gestern verhältnismaßige Ruhe. Die Zahl 
der von uns in den letzten der dortigen Kämpfe gefangengenommenen Franzosen 
hat sich auf 15 Offiziere und über 1000 Mann erhöht. Die blutigen Verluste des 
Feindes haben sich als außergewöhnlich hoch herausgestellt. 
Gegen unsere Stellungen nördlich Verdun hat der Gegner gestern und heute 
nacht ohne jeden Erfolg angegriffen. 
In den Vogesen wurden die Orte Hohrod und Stoßweier nach Kampf genommen. 
Sonst nichts Wesentliches. 
Oestlicher Kriegsschauplatz. Die Verfolgung nach der Wirnterschlacht in 
Masuren ist beendet. Bei der Säuberung der Wälder nordwestlich von Grodno 
und bei den in den letzten Tagen gemeldeten Gefechten im Bobr- und Narew- 
gebiet wurden bisher 1 Kommandierender General, 2 Divisionskommandeure, 
4 andere Generale und annähernd 40 000  Mann gefangen, 75 Geschütze, eine 
noch nicht festgestellte Anzahl von Maschinengewehren nebst vielem sonstigen 
Kriegsgerät erbeutet. 
Die Gesamtbeute aus der Winterschlacht in Masuren steigt damit bis heute 
auf 7 Generale, über 100 000  Mann, über 150 Geschütze und noch nicht an- 
nähernd übersehbares Gerät aller Art, einschließlich Maschinengewehre. 
Schwere Geschütze und Munition wurden vom Feind mehrfach vergraben 
oder in den Seen versenkt; so sind gestern bei Lötzen und im Widminner See 
acht schwere Geschütze von uns ausgegraben oder aus dem Wasser geholt 
worden. 
Die 10. russische Armee des Generals Baron Sievers kann hiermit als völlig 
vernichtet angesehen werden.