5000 Pfund, wenn es ihm gelänge, seinen Herrn in die Hände der englischen Behörde zu
spielen. Sollte Casement bei dieser gewaltsamen Entführung etwas zustoßen oder er sonst zu
Schaden kommen, so würde der Gesandte dafür sorgen, daß Nachforschungen niedergeschlagen
würden und der Entführer straffrei ausginge. Der englische Gesandte händigte Christensen
sogar einen Schlüssel zur Hinterpforte der Gesandtschaft ein. Er übergab ihm mehrmals
Geldbeträge und stellte ihm schließlich am 3. Januar eine förmliche, ordnungsmäßig von ihm
unterschriebene Zusicherung im Namen der britischen Regierung aus, in der er ihm Belohnung
und Straffreiheit für die Begehung des geplanten Verbrechens verspricht.
Dieser Brief lautet in Uebersetzung: „Englische Gesandtschaft Chrisitiania, Norwegen. Im
Namen der britischen Regierung verspreche ich folgendes: Falls auf Grund von Mitteilungen,
die Adler Christensen macht, Sir Roger Casement mit oder ohne seine Gefährten in meine
Hände geliefert wird, soll der genannte Adler Christensen von der britischen Regierung die
Summe von 5000 Pfund Sterling erhalten, zahlbar nach seinem Wunsch. Adler Christensen
soll außerdem persönliche Straffreiheit genießen und auf Wunsch freie Ueberfahrt nach den
Vereinigten Staaten erhalten. M. de C. Findlay, Seiner britischen Majestät Gesandter.“
(W. T. B.)
Die amerikanische Note an Deutschland.
Berlin, 13. Februar. Die Note der amerikanischen Regierung an Deutschland hat
folgenden Wortlaut:
Euere Exzellenz! Ich bin von meiner Regierung beauftragt, Euerer Exzellenz folgendes
zu übermitteln:
Die Regierung der Vereinigten Staaten ist durch die Bekanntmachung des deutschen
Admiralstabes vom 4. Februar 1915 darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Gewässer
rings um Großbritannien und Irland, einschließlich des gesamten englischen Kanals, als Kriegs-
gebiet anzusehen seien, daß alle in diesen Gewässern nach dem 18. Februar angetroffenen
Kauffahrteischiffe zerstört werden sollen, ohne daß es immer möglich sein werde, die Besatzungen
und die Passagiere zu retten, und daß auch neutrale Schiffe in diesem Kriegsgebiet Gefahr
laufen, da angesichts des Mißbrauchs neutraler Flaggen, der am 31. Januar von der brilischen
Regierung angeordnet worden sein soll, und angesichts der Zufälligkeiten des Seekrieges es nicht
vermieden werden könne, daß die auf feindliche Schiffe berechneten Angriffe auch neutrale
Schiffe träfen. Die amerikanische Regierung erachtet es daher als ihre Pflicht, die kaiserlich
deutsche Regierung in aufrichtiger Hochschätzung und mit den freundschaftlichsten Gefühlen, aber
doch ganz offen und ernstlich auf die sehr ernsten Folgen aufmerksam zu machen, die das mit
der Bekanntmachung offenbar beabsichtigte Vorgehen möglicherweise herbeiführen kann. Die
amerikanische Regierung schätzt diese möglichen Folgen mit solcher Besorgnis ein, daß sie unter
den obwaltenden Umständen als ihr Recht, ja, auch als ihre Pflicht erachtet, die kaiserlich
deutsche Regierung zu ersuchen, vor einem tatsächlichen Vorgehen die kritische Lage zu erwägen,
die in den Beziehungen der Vereinigten Staaten zu Deutschland entstehen könnte, falls die
deutschen Seefstreitkräfte in Befolgung der durch die Bekanntmachung des Admiralstabes
angekündigten Maßnahmen irgendein Kauffahrteischiff der Vereinigten Staaten zerstörten oder
den Tod eines amerikanischen Staatsangehörigen verursachten.
Es ist selbstverständlich nicht nötig, die deutsche Regierung daran zu erinnern, daß einer
kriegführenden Nation in bezug auf neutrale Schiffe auf hoher See lediglich das Recht der
Durchsuchung zusteht, es sei denn, daß eine Blockadeerklärung ergangen ist und die Blockade
effektiv aufrecht erhalten wird. Die Regierung der Vereinigten Staaten nimmt an, daß eine
Blockade im vorliegenden Fall nicht beabsichtigt ist. Eine Erklärung oder Ausübung des
Rechtes, jedes Schiff anzugreifen und zu zerstören, das ein näher umschriebenes Gebiet auf
offener See befährt, ohne erst festgestellt zu haben, ob es einer kriegführenden Nation gehört