Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 4. Die Standesherren. 121 
Komm. zum KAbgG, 6. Aufl., zu § 40 Nr. 2) zugunsten der Deposse- 
dierten bestehen nicht. 
d. Die Standesherren (vgl. vRZ 2 27 ff., Bornhak St R 1 316 ff.. 
Standesherrliche (mediatisierte) Familien sind die ehemals reichsständischen 
und landesherrlichen, „im Jahre 1806 und seitdem mittelbar gewordenen“ 
(Deutsche Bundesakte von 1815, Art. XIV), d. h. ihrer Landeshoheit ver- 
lustig gegangenen fürstlichen und gräflichen Häuser. Verzeichnisse der 
preußischen Standesherren und Standesherrschaften s. bei vRZ a. a. O. 
Zff., 62 ff., Bornhak a. a. O. 326ff., Schwartz, Komm. S. 52, 53. 
In dem angeführten Art. XIV hatten sich die deutschen Regierungen 
über das Mindestmaß der den Standesherren überall zu gewährenden 
Vorrechte und Freiheiten verständigt. Entsprechend dem Charakter der 
Bundesakte als eines völkerrechtlichen Vertrages unter Staaten war 
dies eine Bestimmung, welche nur die Staaten, und zwar in modum 
pacti, nicht in modum legis (unrichtig Arndt, Komm. S. 84: „Bundes- 
gesetze, welche den Landesgesetzen vorgingen"), und nur unter sich, nicht 
den Standesherren gegenüber verpflichtete, indem letztere durch ihre 
Mediatisierung aus Landesherren zu Untertanen geworden und, da sie die 
hiermit verlorene völkerrechtliche Rechtssubjektivität nicht wiedergewonnen 
hatten, unfähig waren, an zwischenstaatlichen Rechtsgeschäften teil- 
zunehmen und aus solchem unmittelbar Rechte zu erwerben (so die 
herrsch. M., vgl. besonders Seydel, Komm. zur RV 315ff., Bornhak 
a. a. O. 319, unrichtig Schulze, Deutsches StR 1 401, vRz a. a. O. 46). 
In Erfüllung der durch Art. XIV übernommenen Bundespflicht wurden 
die Rechtsverhältnisse der Standesherren in den einzelnen deutschen 
Staaten landesgesetzlich geregelt; in Preußen geschah dies durch die 
V. vom 21. Juni 1815 (GS 105), welche unter Wiederholung des 
Wortlauts des Art. XIV den Standesherren „alles dasjenige bestätigt, 
was ihnen durch den Artikel versichert worden ist“, sowie durch die 
Instruktion zu dieser V. vom 30. Mai 1820 (GS 81). Auf Grund dieser 
Bestimmungen genossen die Standesherren alle in der Bundesakte bezeich- 
neten Privilegien, insbesondere Militär- und Steuersreiheit, bevorzugten 
Gerichtsstand, die patrimoniale Ausübung der Gerichtsbarkeit und Polizei 
auf ihren Besitzungen usw. Es waren durchweg „Standesvorrechte“ im 
Sinne von Art. 4 Satz 2 und daher, nach Wortlaut und Sinn des Satzes 
mit dem Inkrafttreten der Verfassung dem Untergange geweiht. Über 
die Tragweite des Satzes „Standesvorrechte finden nicht statt“ war 
man sich, wie bereits erwähnt (oben S. 115), zur Entstehungszeit der Vl 
vollkommen klar, man wollte die Privilegien der Standesherren nicht 
schonen, sondern einfach aufheben. Dieser Wille und seine Außerung
	        
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