Artilel 4. Zugänglichkeit der öffentlichen Amter für alle Befähigten. 131
waltung, insbesondere auch der Kommunalverwaltung. Nicht dagegen ist der
Begriff auf die kirchlichen Amter zu erstrecken: nach eingetretener Trennung
der Kirchen vom Staat erscheint das kirchliche Amterwesen als eine
innere Angelegenheit der Kirchen, welche diesem zur selbständigen Ordnung
und Verwaltung" (Art. 15; vgl. unten 304ff.) überlassen und den für die
Staatsämter geltenden Normen im Zweifel nicht unterstellt ist. Den
geraden Gegensatz zu den öffentlichen Amtern im Sinne des dritten Satzes
bilden die Hofämter: Hofdienst ist nicht Staatsdienst, sonderm königlicher
Privatdienst (RGStr 21 381 ff.). Eine Hofdienstordnung, welche die
Stellen bei Hofe dem Adel ausschließlich vorbehält, würde deshalb durch
aus nicht gegen den Satz verstoßen.
10. Das Wort „Gesetze“ darf hier, im dritten, so wenig wie im
ersten Satze (vgl. oben Nr. 3 S. 110) im Sinne des formellen
Gesetzesbegriffes verstanden werden. Satz 3 enthält mithin nicht die
Vorschrift, daß die Bedingungen für den Eintritt in den öffentlichen
Dienst, insbesondere die auf Befähigungsnachweis und Prüfungs-
wesen bezüglichen, nur im Wege der formellen Gesetzgebung geregelt
werden dürfen. Abgesehen davon, daß es nicht zulässig erscheint, das
Wort „Gesetze“ in einem und demselben Artikel verschieden, nämlich im
Satz 1 materiell (s. oben S. 110), im Satz 3 formell auszulegen, ergibt
sich auch aus der Entstehungsgeschichte des 3. Satzes, daß man bei dem
Worte „Gesetze“ an den formellen, im Gegensatz zum Verordnungsbegriff
stehenden Gesetzesbegriff nicht gedacht hat. Indem die Revisionskammem
den Passus „unter Einhaltung der .. Bedingungen“ einschalteten (oben
S. 128), wollten sie, was die Feststellung der Bedingungen anlangt, nicht
den Verordnungsweg ausschließen, sondern nur erklären, daß überhaupt
(Befähigungs- und andere) Bedingungen für die Erlangung öffentlicher
Amter festgestellt werden dürfen und daß das Dasein solcher Bedingungen
mit dem Prinzip der allgemeinen Zugänglichkeit der Amter nicht im
Widerspruch stehe. Man wollte lediglich „dem Staate das Recht wahren,
die Formen des Nachweises der erforderlichen Befähigung zu bestimmen“
(so: Bericht des ZAussch d. I. K., I. K. 1196); — von welchem Staats-
organ aber solches zu bestimmen sei, darüber sollte eine besondere An-
ordnung an dieser Stelle nicht getroffen werden. Der Ton des Satzgefüges
liegt nicht auf „Gesetzen“, sondern auf, festgestellten Bedingungen“. „Gesetz“
ist hier soviel wie „Regel“, „allgemeine Norm“ (der Ausdruck Rechtsnorm
ist zu eng, da es sich bei der hier in Rede stehenden Materie meist
nicht um eigentliche Rechtsnormen, d. h. Normen, welche in Freiheit und
Eigentum eingreifen, lvogl. Anschütz, Gegenw. Theorien 135ff., 160ff.],
sondern um Verwaltungsvorschriften handelt), deren Zustandekommen und
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