138 Artikel 5 als Programm.
Arndt, Komm. 94 und Vürch 20 257 aufgestellten) Vergleiche ist nur das
richtig, daß über die Notwendigkeit des Gesetzgebungs- und Zulässigkeit des
Verordnungsweges in Preußen keine anderen Regeln gelten wie in Süd-
deutschland (hierüber: Meyer-Anschütz 560 ff., Anschütz, Gegenw. Theor.
167 ff., Enzykl. 595), alles andere ist unzutreffend. Daß Vorschriften, welche
Freiheit und Eigentum betreffen, grundsätzlich als Gesetze erlassen werden
müssen und nur mit gesetzlicher Ermächtigung als Verordnungen erlassen
werden dürfen, folgt nicht aus Art. 5 oder 9, sondern aus Art. 62 im
Zusammenhalt mit Art. 45: Art. 62, nicht Art. 5 oder 9 ist die preußische
Parallelstelle zu Tit. VII 52 der bayerischen, § 65 der badischen,
s#88 der württembergischen, § 86 der sächsischen Verfassung. Was
in den preußischen Art. 5 und 9 steht — die Garantie der persön-
lichen und Eigentumsfreiheit gegen Verwaltungswillkür —, findet sich
auch in den andern Verfassungen an entsprechender Stelle, d. h. unter
den grundrechtlichen Bestimmungen: Bayer. Verfassung Tit. 4 5 8;
Württ. §/ 24, Sächs. § 27, Bad. 5 13.
6. Neben seiner einen und wesentlichsten Eigenschaft als Ausdruck
des Prinzips der gesetzmäßigen Verwaltung besitzt Art. 5 noch eine
andere, welche hier allerdings, im Gegensatz zu andern Artikeln, bei
denen diese Seite viel stärker hervortritt (uol. oben S. 94 und An-
schütz, Gegenw. Theor. 51 f.), nur von nebensächlicher Bedeutung und
zudem durch die Fassung des Textes einigermaßen verschleiert ist: Art. 5
Satz 2 ist in zweiter Linie Verheißung und Programm eines zu
erlassenden Gesetzes. „Die Bedingungen . werden durch
das Gesetz bestimmt“ soll, nebenbei, auch heißen: die Bedingungen und
Formen, unter welchen Verhaftungen und ähnliche Eingriffe in die
persönliche Freiheit vorgenommen werden dürfen, sollen durch ein
Gesetz neu geregelt werden. Dieser Sinn erhellt aus der Ent-
stehungsgeschichte. Wenn die I. Rersx ihrem Züussch folgend, die
Fassung des zweiten Satzes in der oben S. 133 angegebenen Weise
verallgemeinerte, so wollte sie damit „die Notwendigkeit, auch die
polizeiliche Verwahrung und Beaufsichtigung“ (außer der eigentlichen
Verhaftung) „durch ein besonderes Gesetz zu regeln“ anerkennen
und die der II. K. von ihrer Kommission vorgetragenen Bedenken (oben
G. a. O.) erwogen demgegenüber, ob es rätlich sei, ein Gesetz über andere
Maßregeln als über die Verhaftung hier „in Aussicht zu stellen“.
Es handelte sich damals also nicht um eine Kompetenzfrage, nicht
darum, ob die Gesetzgebung ausschließlich zuständig sei, die Voraus-
setzungen und Formen der Freiheitsbeschränkung zu regeln (daß diese
Frage zu bejahen sei, wurde von keiner Seite bezweifelt und stand