Artilel 6. Entstehungsgeschichte. 143
wurden bei den Rev.-Verhandlungen im Züussch der I. K. Bedenken
erhoben. Einmal meinte man, der Satz gebe „der Deutung Raum,
als ob Beschlagnahme von Briefen nur bei Verhaftungen zulässig sei“.
Diese Meinung teilte der ZaAussch nicht, wies vielmehr darauf hin, „daß
solche Beschlagnahme hier nicht nur als Akzessorium einer Haussuchung
oder Verhaftung auftritt und dann mit dieser selbst gerechtfertigt sein
muß, sondern auch außer dem Falle einer Haussuchung oder Verhaftung,
ohne notwendige Unterstellung der einen oder andern erforderlich sein
kann und dann, zu ihrer isolierten Rechtfertigung, der Legalisierung
ihres Mittels — des Eindringens in die Wohnung — durch einen
richterlichen Befehl bedarf“. Daraufhin wurde gefordert, den 3. Satz
als selbständigen Passus zu streichen und „ihn dem 2. Satze so
anzusügen, daß die Beschlagnahme von Briefen und Papieren ebenso
unter die gesetzlichen Fälle und Formen gestellt erscheine wie die im
2. Satze gedachte Haussuchung“. Dieser Forderung gab der ZaAussch
statt und gelangte so zu der Vereinigung des 2. und 3. Satzes genau
in der Fassung des geltenden Textes. Der Ber d Zuussch, a. a. O.
651, dem vorstehende Angaben entnommen sind, begründet jene Ver-
einigung damit, daß dadurch das Prinzip des Artikels bewahrt werde;
das Prinzip erfordere „für die ohne Haussuchung oder Verhaftung allein
notwendige Beschlagnahme von Briefen und Papieren ebenso die Fälle
und Formen des Gesetzes wie für Haussuchung und Verhaftung über-
haupt und bei denen solche Beschlagnahme erforderlich erscheinen kunn“.
Hierdurch wurde, unter Streichung des von der oktr V unbedingt auf-
gestellten Erfordernisses des „richterlichen Befehls“, dem Gesetzgeber
behufs Regelung der Beschlagnahme ebenso freie Hand gelassen wie
betreffs der Voraussetzungen und Formen des Eindringens in die
Wohnung, der Verhaftung und Durchsuchung. Die RevKomm der
II. K. (II. K. 491, 492) fand diese Anderung der oktr B „für
welche keine Gründe mitgeteilt seien“, nicht unbedenklich, stellte aber
keinen Gegenantrag, so daß der Verbesserungsvorschlag des Zussch in
beiden Revisionskammern angenommen wurde. Aus der kurzen Debatte
der I. K. ist (a. a. O. 651) die zweifelnde Frage des Abg. v. Man-
teuffel hervorzuheben, ob es erwünscht sei, in der Verfassung so oft:
im 4., 5. und nun schon wieder im 6. Artikel der Verfassung „auf eine
besondere gesetzliche Bestimmung, die noch erwartet werde, Bezug zu
nehmen“. .. „Wir haben in dem Art. 6 durch die Worte das Ein-
dringen in dieselbe“ usw. den dritten Hinweis auf ein besonderes
Gesetyz“. Diese Außerung interessiert deshalb, weil aus ihr deutlich
hervorgeht, daß auch die Urheber der Verfassung schon in den Grund-