146 Artikel 6. Eindringen in die Wohnung.
Selbstv. 37 189). Weiterhin gestattet 8 10 nächtliches Eindringen zum
Zwecke der Verfolgung entwichener Gefangener (hierüber jetzt StrPO
8 104, s. oben), der Vollziehung militärdienstlicher Befehle in den
Wohnungen von Militärpersonen (s. unten bei Art. 39), und der Vor-
nahme von Zoll= und steuerlichen Revisionen nach Maßgabe der darüber
bestehenden Gesetze (s. auch preußisches G. vom 26. Juli 1897, GS 237,
§& 17, 18).
V. Um das Eindringen in eine Wohnung zu legitimieren, genügt
nach § 7 a. a. O. (s. den in voriger Nr. wiedergegebenen Text) nicht
die „amtliche Eigenschaft" des Eindringenden an und für sich und
allein: es muß eine „Befugnis“ dahinterstehen und diese kann sich
nur auf „gesetzliche Ermächtigung“ gründen. „Gesetzlich“ ist hier so-
wenig wie in Art. 5 gleichbedeutend mit spezialgesetzlich, auch all-
gemeine Grundsätze des positiven Rechts, wie ALK II 17, 5 10 sind
„Gesetz“ und wenn die Fortgeltung dieser polizeirechtlichen Fundamental-
bestimmung dem Art. 5 gegenüber, wie geschehen — s. dort, S. 140 —
zu bejahen war, so kann sie hier nicht verneint werden. Denn das
durch Art. 6 garantierte Sondergebiet der persönlichen Freiheit ist der
Polizeigewalt gegenüber nicht immuner als die durch Art. 5 gewähr-
leistete Freiheit überhaupt. Die Polizeiorgane können also behufs Ab-
stellung und Verhütung polizeiwidriger Zustände, soweit die tatsächlichen
Voraussetzungen gegeben sind und stets vorbehaltlich der das Eindringen
zur Nachtzeit verbietenden Vorschriften des Gesetzes vom 12. Febr. 1850
(s. oben IV), den Zutritt zu jeder Wohnung fordern und erzwingen;
sie können das nicht nur im Falle spezieller Ermächtigungen, wie etwa
der Maß- und Gewichtsordnung vom 16. Mai 1816, §5 19 und der
V. vom 13. Mai 1840 (GS 127), §+J 3 (OVG 27 325ff.), sondern auch
auf Grund ihres allgemeinen Amtsauftrages, des § 10 II 17 ALR. Es
kann auch nicht zugegeben werden, daß der Grundsatz des Art. 6 hierdurch
„wertlos“ werde (Seuffert in v. Stengels Wörterb., 1. Aufl., 1 290). Denn
der § 10 bedeutet ja, namentlich auch in Verbindung mit den §§ 8—10
des Gesetzes vom 12. Febr. 1850 (s. oben 145) keine Willkürherrschaft.
Die Polizei darf nur eindringen zum Schutze der ihr und nicht andern
Behörden anvertrauten öffentlichen Interessen, z. B. nicht zwecks Schlich-
tung zivilrechtlicher, von den ordentlichen Gerichten zu entscheidenden
Streitigkeiten zwischen Eheleuten (OV 58 268) oder zwischen Ver-
mieter und Mieter; auch nicht zur Kontrolle privaten Unterrichts: OVG
49 207ff. Sie darf es nur, soweit die tatsächlichen Voraussetzungen
eines derartigen Einschreitens wirklich vorhanden sind, d. h. wenn nach
Lage des Falles der polizeiliche Zweck anders als durch Eindringen