Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 9. Eigentum und Polizei. 163 
gehenden gefährdenden Weise einzuzäunen (13 420), den Eigentümer 
eines Privatweges zu einer den Anforderungen der Verkehrssicherheit 
entsprechenden Beleuchtung des Weges verpflichtete (18 411), die Be- 
nutzung eines Grundstückes zu Schießübungen untersagte (21 411), die 
Anlage von Steinbrüchen, Torfstichen und Lehmgruben in gefährlicher 
Nähe von öffentlichen Wegen und Eisenbahnen verbot (24 399), dem 
Besitzer einer Wiese zur Löschung eines auf derselben ausgebrochenen 
Moorbrandes anhielt (Pr VBl. 28 104). Weitere Urteile s. bei Bier- 
mann, Privatrecht und Polizei (1897), 124 f., Anschütz im Varch 5 
418ff., 6 608 ff.; Schade im Af öffR 25 266 ff.; Stier-Somlo im Brch 
6 275 f., 18 140 f. Die in solchen und ähnlichen Fällen oft geltend ge- 
machte Prozeßbehauptung, daß das Vorgehen der Polizei dem Art. 9 
zuwiderlaufe, ist von dem OV stets zurückgewiesen worden (vgl. 
namentlich 8 329ff., 21 414, 24 399, 49 388). Und mit Recht. Denn 
polizeiliche Anordnungen, welche erforderlich sind, um die Entstehung 
oder Fortdauer sicherheits- und ordnungswidriger („polizeiwidriger") Zu- 
stände zu verhindern, enthalten, soweit sie die Gebarung mit dem 
Eigentum „in Ansehung tatsächlicher Verfügungen beschränken“ (EBGB 
Art. 111), keine „Verletzung“ des Eigentums im Sinne von Art. 9 Satz 1, 
sie verweisen vielmehr das Eigentum lediglich in die ihm gesetzten 
öffentlichrechtlichen Schranken. Das „Amt der Polizei' (5 10 II 17 ALR) 
ist nicht beschränkt durch das Privateigentum, sondern das Privateigentum 
findet umgekehrt seine Schranke in der gesetzlich bestimmten Zuständig- 
keit der Polizei (Anschütz im VAArch 5 24 und O 23 351, 41 430). 
Auch in der Literatur ist der Satz von der Verpflichtung des Eigen- 
tümers zur Erhaltung seines Eigentums in polizeigemäßem Zustande 
und die Vereinbarkeit dieses Satzes mit Art. 9 unbestritten: Rosin, 
Polizeiverordnungsrecht 143 ff., Biermann a. a. O. 124ff., 184 f., vRZ 
2 217 ff., Schwartz, Anm. C zu Art. 9, Arndt, Komm. 102, Rehm, 
Art. „Fiskus“ in Stengels Wörterb. (1. Aufl.), Erg.-Bd. 3 97 ff., Anschütz 
im VArch 5 17 ff., 82 ff., 418ff., Stier-Somlo im Vlrrch 6 275 ff., 18 140 f. 
Nur darüber etwa herrscht Streit, für welche Arten von Eingriffen der 
einfache Polizeiverwaltungsweg (die Vornahme des Eingriffs durch poli- 
zeiliche Verfügung) zulässig und ausreichend, und für welche die Einleitung 
des sormellen Enteignungsverfahrens (s. u. S. 165ff.) erforderlich ist; 
vgl. hierüber Vossen im Aföff R 22 246 f. 
6. Was oben bei Art. 5 S. 141 (Gewohnheitsrecht), 142 („Staatsnot- 
recht“), 142 (Ausschluß der Analogie) gesagt ist, gilt siungemäß durch- 
weg auch für die Frage der Zulässigkeit administrativer Eingriffe in das 
Privateigentum. 
11“
	        
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