Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 12. Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften. 197 
punkt. Ubereinstimmend Meyer-Anschütz 811; aM Zom bei vRzB 2 19 
(unter Berufung auf ein Urteil des Rs, Strafs. 18 207 ff., welches einige 
unklare, aber nicht diejenigen Sätze ausspricht, welche Zorn ihm unter- 
schiebt). Natürlich können Ausländer jederzeit aus dem Staatsgebiete 
verwiesen werden, aber doch niemals, weil sie z. B. Juden, sondern weil 
sie Ausländer sind. Vgl. auch unten S. 226. 
Vgl. zu dem Vorstehenden im allgemeinen — außer den mehrfach 
zitierten Werken von v. Roenne, Kahl, Fürstenau, v. Seydel, Meyer- 
Anschütz — noch Hinschius-Smend, Art. „Gewissensfreiheit“ im WSt BR 
(mit weiteren Literaturangaben). 
5. Die Freiheit der Bereinigung zu Religionsgesellschaften. — 
Auch diese Seite der allgemeinen Religionsfreiheit bedeutet, wie die 
andere, im wesentlichen eine Negative: die Verneinung des vor der 
Verfassung bis zuletzt (Pat. v. 30. März 1847, vgl. oben S. 187) herr- 
schenden Konzessionsprinzips, demzufolge neue Religionsgesellschaften 
in Preußen nur durch Staatsgenehmigung Daseinsrecht erlangen 
konnten. Dieses Konzessionsprinzip ist durch den hier erörterten Satz 
des Art. 12 ausgegeben worden zugunsten des Prinzips der freien 
Bereinsbildung, welches — dies bedeutet das Allegat des Art. 30 in 
dem Satze — dem religiösen Assoziationswesen in nicht geringerem 
Gmde zugute kommen soll wie allen anderen Gesellschaften und Ver- 
einen. Die „Vereinigung zu Religionsgesellschaften“ unterliegt keinen 
strengeren, überhaupt keinen anderen Vorschriften wie die Vereinigung 
zu Gesellschaften mit nichtreligiösen Zwecken, sondern folgt den all- 
gemeinen Regeln des Vereins- und Versammlungsrechts: den Art. 29 
und 30 der Verfassung und dem zu ihrer Ausführung erlassenen Pr VG 
vom 11. März 1850, jetzt dem RVG vom 19. April 1908, — sofern 
nicht, wovon nachstehend die Rede sein soll, besondere Gesetze aus- 
nahmsweise ein anderes bestimmen. Durch diese grundsätzliche Gleich- 
stellung der Religionsgesellschaften mit allen anderen Gesellschaften und 
die damit gewährte Assoziationsfreiheit auf religiösem Gebiet unter- 
scheidet sich die durch Art. 12 geschaffene Rechtslage sehr erheblich von 
der in anderen deutschen Staaten, welche, wie namentlich Bayern und 
Sachsen (vgl. Kahl 325 ff., Hinschius, Staat und Kirche 359ff, 367 ff., 
Hinschius-Smend im WeSt R 1 285, Fürstenau 251, 256, v. Seydel 
3 485 ff.), bei sonstiger Gewährung der Vereinsfreiheit, den Religions- 
gesellschaften gegenüber an dem Konzessionsprinzip und insoweit an dem 
ius reformandi noch festhalten. 
Art. 12 allegiert den Art. 30, der die allgemeine Garantie der 
Vereinsfreiheit enthält. Folgerichtigerweise hälte neben Art. 30 auch
	        
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