206 Art. 12. Vereins- u. versammkkungspoliz. Stellung d. Religionsgesellschaften.
1907), 287 ff., 295 ff., überzeugend nachgewiesen worden ist — dem aus
der Entstehungsgeschichte des § 2 erhellenden Willen des Gesetzgebers.
Die (auf einem Amendement der II. K., vgl. Gesscken a. a. O. 295ff.,
beruhende) Einführung der Worte „wenn diese Vereine Korporations-
rechte haben“ in den Text des § 2 Absl. 3 sagt nicht, daß nur die
korporativen Religionsgesellschaften von den Beschränkungen der §s 1, 2
befreit sein sollen, sondern, daß sie davon befreit sein sollen. Über die
Religionsgesellschaften ohne Korporationsrechte bestimmt § 2 Abs. 3 auch
negativ nichts, er schreibt darüber, ob ihre „Angelegenheiten“ als
„öffentliche“ im Sinne des Vereinsgesetzes anzusehen seien, nichts vor,
überläßt vielmehr den Begriff der „Sffentlichen Angelegenheiten“ ebenso
wie den der „politischen Gegenstände“ (Pr VG 3 8) hier wie sonst der
freien Auslegung. Dieser Standpunkt des Gesetzgebers ergibt sich ins-
besondere auch aus dem KommBer d. II. K. zu § 2 — pgl. Geffcken 295,
297, — welcher eine Definition der „öffentlichen Angelegenheiten“ aus-
drücklich und mit Absicht vermeidet, andererseits freilich die Bemerkung
enthält, religiöse und kirchliche Vereine seien solche, die sich mit öffentlichen
Angelegenheiten befassen (Gesscken 296). Indessen ist letztere Bemerkung
weder Gesetz geworden, noch hat sie den Wert einer authentischen Inter-
pretation, zumal da die ihr zugrundeliegende Auffassung bei der Be-
ratung des Vereinsgesetzes in der I. K. von der Kammer und von
der (durch den Kultusminister v. Ladenberg vertretenen) Staatsregierung
ausdrücklich abgelehnt worden ist (I. K. 1819/50 V, 2867, 2870 ff.; Gefscken
298—3029.
Die Auslegung hat hiernach freie Hand, und § 2 Abs. 3 ist
so zu verstehen: Religionsgesellschaften mit Korporationsrechten sind
den Beschränkungen der §§ 1, 2 niemals, solche ohne Korporationsrechte
sind ihnen, sowie dem Überwachungs= und Auflösungsrecht der Polizei
nach §§ 4—6 PrV0, gleichfalls nicht ohne weiteres und
unbesehen, schon und bloß deshalb, weil sie sich mit religiösen Dingen
beschäftigen, sondern nur dann unterworfen, wenn und soweit aus ihren
besonderen Verhältnissen, aus Zweck und Art ihrer Organisation und
Tätigkeit die Absicht der Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten
herworgeht. Die Polizeibehörden haben hiernach, wie im Wider-
spruch mit der ihnen durch Ministerialerlaß vom 1. August 1850
(Min Bl d inn V 205) eingeschärften Auffassung behauptet werden muß,
dann, wenn sie einer Religionsgesellschaft oder einem andern reli-
giösen Vereine gegenüber von den Bestimmungen der § 1ff. Pr WG
Gebrauch machen wollen, allerdings zu prüfen, ob die Gesellschaft
„sich auf die Verfolgung religiöser Zwecke beschränkt oder letztere