Artikel 13. Religionsgesellschaften. 239
und Gesetz betr. die Erteilung der Korporationsrechte an Baptistengemeinden
vom 7. Juli 1875, GS 374 — hat man sich darauf beschränkt, die
Einzelgemeinden zu Korporationen zu erklären. Es fehlt aber auch
nicht an Beispielen für die andere Möglichkeit. Hierher gehört vor
allem die Verleihung der juristischen Persönlichkeit an die evangelische
Landeskirche der älteren Provinzen und an deren höhere Gemeinde-
verbände (Kreis-- und Provinzialsynodalverbände), bewirkt durch das
Gesetz betr. die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren
Provinzen der Monarchie vom 3. Juni 1876 (GS 125), Art. 19 bzw.
Gesetz vom 18. Juni 1895 (GS 271), Art. 1, — während den kirchlichen
Ortsgemeinden die Persönlichkeitsrechte schon vor der Verfassung (auf
Grund des AL II 11 §&. 17) zustanden. Ein ferneres hierherzube-
ziehendes Beispiel liefert der neueste Anwendungsfall des Art. 13:
das Gesetz vom 23. Mai 1908 (GE 155), Art. I, welches die Minister
der Justiz, des Innern und der geistlichen Angelegenheiten ermächtigt,
dem gemäß Ziffer 1 der Generalkonzession vom 23. Juli 1845 (GS 516)
gebildeten Verein der evangelisch-altlutherischen Gemeinden (also der
Gesamtorganisation der Altlutheraner) „die Rechte einer juristischen
Person“ zu erteilen (die Einzelgemeinden dieser Glaubensgesellschaft
hatten die Korporationsrechte schon durch die Generalkonzession von
1845 empfangen, s. unten S. 250). —
Ganz ebenso wie hier ist das Wort „Religionsgesellschaft“ im
Art. 84 des EB## auszulegen, der sich auch in dieser Beziehung mit
Art. 13 vollkommen deckt (unrichtig v. Staudinger, Komm, zum BGB,
Nr. 2 zu E## Art. 84, wonach der Terminus „Religionsgesellschaft“
dem A# entnommen sein soll: gerade der mit diesem Ausdruck
verbundene Begriff ist, im Gegensatz zu „geistliche Gesellschaft“, s. unten
S. 240, nicht aus dem ALR übernommen). Die Religionsgesellschaften
des Art. 84 sind also insbesondere nicht identisch mit der Gesamtheit
aller „Vereine, die einen religiösen Zweck verfolgen“ (BGB 58 43, 61;
synonym: „religiöser Verein"“: RVG #24), sondern bilden nur eine
engere, festbegrenzte Gruppe dieser Gesamtheit.
Religiöse Vereinigungen, welche nicht unter den Begriff der Religions-
gesellschaft (bzw. der geistlichen Gesellschaft, s. unten) fallen, erwerben
Rechtsfähigkeit nicht nach den durch Art. 81 EBGB vorbehaltenen Landes-
gesetzen, in Preußen also nicht nach Art. 13, sondern nach Maßgabe der
allgemeinen Normen des BG, mithin durch Eintragung in das Vereins-
register, wobei sie dem durch Be# §8 61, 62 geregelten Einspruchsrecht
der Verwaltungsbehörde und, gegebenenfalls, auch der administrativen
Wiederentziehung der Rechtsfähigkeit (BGB F 43) ausgesetzt sind.