Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artilel 13. Geistliche Gesellschaften. 241 
zwar vorzugsweise, deren lokale Organisationen, die Niederlassungen, 
namentlich also die einzelnen Klöster. Ausführliche Erörterungen 
hierüber bei Giese a. a. O. 295 ff. Dementsprechend verleiht das Gesetz 
vom 22. Mai 1888, GS 113 (Übrigens der bisher einzige Fall praktischer 
Anwendung des Artikels auf geistliche Gesellschaften) die Korporations- 
rechte nicht an die dort namhaft gemachten Orden und Kongregationen 
als Gesamtheiten, sondern nur an einzelne, bestimmt bezeichnete 
„Niederlassungen“. 
Außer den „Klostergesellschaften“ rechnet das A#n zu den geist- 
lichen Gesellschaften noch die katholischen Dom- und Kollegiatkapitel 
(5& 1022 ff. h. t.), die geistlichen Ritterorden (S§ 1070ff.) und die evan- 
gelischen sog. Stifter und Klöster (S§ 1218ff.). Eine praktische Anwen- 
dung des Art. 13 auf Gesellschaften dieser Art dürfte sich kaum ereig- 
nen, da dieselben durchweg von früheren Zeiten her als bestehende 
oder ehemalige (sekularisierte) Institute der katholischen Kirche auf Grund 
des gemeinen Rechts bzw. des AL die Korporationseigenschaft schon 
besitzen. Was die „geistlichen Ritterorden“ anbelangt, so gehören 
diese seit ihrer Aufhebung durch das Edikt vom 30. Oktober 1810 der 
Geschichte an. Die Wiedererrichtung des Johanniterordens in der 
Eigenschaft eines Königlich Preußischen Ordens (Urkunde vom 23. Mai 
1812, GS 109) war der Sache wie dem Rechte nach eine Neuschöp- 
fung, welche diesen Orden nicht wiederum als eine geistliche, sondern 
als eine weltliche Gesellschaft ins Leben rief. Als dem Johanniter- 
orden späterhin — 1852 — die Rechte einer juristischen Person ver- 
liehen wurden, ist dies begründetermaßen nicht nach Art. 13 durch 
Gesetz, sondern, den damals geltenden allgemeinen Vorschriften (vgl. unten 
bei Art. 31 S. 536) entsprechend durch königliche Verordnung geschehen 
(Erlaß vom 15. Oktober 1852, GS 1853, 1). 
Bei den „protestantischen Klöstern“ des AdR, § 1218 h. t. ist 
nicht etwa an moderne caritative Institute kirchlichen Charakters, wie 
Diakonissenanstalten und ähnliches, zu denken, welche die Zeit des ALR 
noch nicht kannte (s. darüber weiter unten), sondern an ehemals wirk- 
liche Klöster katholischer Orden, welche das landesherrliche jus refor- 
mandi einst protestantisiert und sekularisiert hat, wobei dann aus dem 
Kloster irgend etwas anderes, etwa eine Versorgungsanstalt für adelige 
Damen, oder eine Unterrichtsanstalt (Gymnasium, Predigerseminar) 
gemacht wurde. Wegen dieser völligen Umwandlung des Instituts- 
charakters und zweckes kann hier von „geistlichen Gesellschaften“ der- 
malen nicht mehr die Rede sein, auch dann nicht, wenn, wie dies bei 
manchen Damenstiften der Fall, in Organisation und Außerlichkeiten 
Anschütz, Preuß. Verfassungs- Urkunde. I. Band. 16
	        
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