Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 13. Entziehung der Korporationsrechte. 253 
Vermögenslage der dazu gehörigen Mitglieder anzunehmen ist, daß 
die Gemeinde den von ihr behufs Ausübung ihres Gottesdienstes 
nach ihren Grundsätzen zu übernehmenden Verpflichtungen dauernd 
zu genügen imstande sein wird“. In eine Prüfung der Glaubens- 
lehre und der Kultusvorschriften der betreffenden Religionsgesellschaften 
einzutreten, werden die gesetzgebenden Faktoren nur unter dem 
Gesichtspunkte Veranlassung haben, ob diese Lehren und Vorschriften 
mit den Staatsgesetzen im Einklang stehen (vgl. auch § 2 Nr. 3 der 
beiden alleg. Gesetze), während es im übrigen nicht Sache eines 
modernen, auf dem Boden der Glaubensfreiheit stehenden, das Staats- 
kirchentum ablehnenden Staates sein kann, bei Gelegenheiten der hier 
erörterten Art noch weitergehende, theologisierende oder ethisierende 
Informativprozesse anzustellen, wie denn auch, ganz in diesem Sinne, 
der oben S. 236 erwähnte Zusatzantrag der I. K. („Jede Gesellschaft 
einzuflößen"“) von der II. K. abgelehnt worden ist. 
Damit, daß Artikel 13 kein Recht gegen den Gesetzgeber verleiht, 
steht es nicht in Widerspruch, wenn der Gesetzgeber die Korporations- 
eigenschaft nicht selbst erteilt, sondern ihre Erteilung einem Verwaltungs- 
organ (so im Mennoniten- und im Baptistengesetz den Ministern der 
Justiz, des Innern und der geistlichen Angelegenheiten) in der Art 
delegiert, daß von der Delegation bei Erfüllung gewisser Bedingungen 
Gebrauch gemacht werden muß und insoweit ein Anspruch gegen den 
Delegatar statuiert wird. S. unten S. 259, 260. 
Auf demselben Wege, auf dem die Rechtsfähigkeit verliehen 
worden ist, also durch einen nach freiem Ermessen vorzunehmenden 
Akt der Legislative, kann sie auch wieder entzogen werden. Der 
Grundsatz der Unmöglichkeit subjektiver Individualrechte gegenüber dem 
Gesetzgeber gilt auch für diesen Fall. Die Religions= oder geistliche 
Gesellschaft, der die Rechtsfähigkeit durch Gesetz entzogen worden ist, 
hat demnach keinen Anspruch auf Zurücknahme des betreffenden 
Gesetzes, und ebensowenig auf Entschädigung. Letzteres wird auch in 
andern, analogen Fällen (BohB Fxl 43) allgemein für selbstverständlich 
erachtet (vgl. Planck, Komm. z. B##, zu § 44 N. 2) und unterliegt 
für das preußische Recht (KO vom 4. Dezember 1831, vgl. oben bei 
Art. 9 S. 175, 176) keinem Zweifel: vgl. Anschütz in VüArch 5 94, 
Oppenhoff, Ressort-Verhältnisse (2. Aufl.) zur V. vom 26. Dezember 1808 
Nr. 103 ff., 106, 126. 
6. Nur. — Das „nur“ besagt, daß 
I. die Eigenschaft als juristische Person nicht schon mit dem 
bloßen Dasein, mit der Entstehung der Gesellschaften verbunden ist,
	        
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