Full text: Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat. Erster Band: Einleitung. Die Titel. Vom Staatsgebiete und Von den Rechten der Preußen. (1)

Artikel 13. Bedeutung des Vorbehalts EBGB Artikel 84. 255 
der damals geltenden allgemeinen Vorschriften, d. h. durch Königliche 
Kabinettsorder (vgl. unten bei Art. 31 S. 536) zu verleihen. Sie stützte 
sich dabei auf die Ansicht, der Artikel sei nicht aktuelles, sondern Zukunfts- 
recht, welches erst mit dem in Art. 31 verheißenen allgemeinen Gesetz 
über den Erwerb der Korporationsrechte in Kraft treten werde. Diese 
Ansicht (Näheres bei vR 2 161 Nr. 2, Hinschius, Orden und Kongregationen 
110 ff., Giese 299) ist völlig verfehlt (s. die soeben Zitierten und Kahl, 
Einrichtung von Handelsgesellschaften durch Religiose 37), sie steht ebenso 
mit dem Wortlaut wie mit der Entstehungsgeschichte des Artikels in 
Widerspruch und bedarf heute einer Widerlegung um so weniger, als 
ihre Unrichtigkeit von der Staatsregierung längst eingesehen und die 
auf fie gestützte Verwaltungspraxis aufgegeben worden ist. Vgl. auch 
oben S. 251, 252 (Gesetze von 1887 und 1888). 
Selbst wenn übrigens das vor dem 1. Januar 1900 in Preußen 
geltende Recht die Verleihung der Korporationsrechte an Religions- 
und geistliche Gesellschaften durch königliche Verfügung gestattet hätte, 
so wäre jedenfalls mit dem B hierin eine Anderung eingetreten, 
da EB###B Art. 84 nur diejenigen Vorschriften des Landesrechts auf- 
rechterhält, welche die Verleihung der Rechtsfähigkeit dem „Wege der 
Gesetzgebung“, also der Legislative, nicht aber auch solche, welche 
sie der Exekutive vorbehalten (zustimmend: Friedberg, Ztschr. f. Kirchen- 
recht 34 94, v. Bonin, Lus reformandi). In der Folgerichtigkeit dieses 
— von der herrschenden Meinung freilich nicht geteilten (vgl. die Er- 
örterungen zu EB#G# Art. 84 in den Kommentaren von v. Staudinger 
und Niedner, ferner Meurer, Jur. Pers. 343ff.) — Standpunktes liegt 
es, daß die preußische Landesgesetzgebung den Art. 13 zwar aufheben 
könnte (mit der Wirkung, daß alsdann die hier in Rede stehenden 
Gesellschaften Rechtsfähigkeit nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften 
des BGB, F 21ff., erwerben würden), ihn aber nicht durch die Be- 
stimmung ersetzen dürfte: „Religions- und geistliche Gesellschaften erlangen 
Rechtsfähigkeit durch königliche Verleihung.“ 
Die Begründung der Rechtsfähigkeit auf einen andern als den 
durch Art. 13 bezeichneten und durch EB### Art. 84 vorbehaltenen 
Wege ist nicht sowohl unzulässig als unwirksam; ein actus illicitus et 
invalidus. Dies gilt ebenso von der oben erwähnten und beanstan- 
deten Verwaltungspraxis der fünfziger Jahre (Verleihung der Korpo- 
rationsrechte durch königliche Kabinettsorder) wie von dem Falle, daß heute 
etwa seitens einer Religions= oder geistlichen Gesellschaft die Eintragung in 
das Vereinsregister nachgesucht und erreicht würde. Ein diesbezügliches 
Eintragungsgesuch („Anmeldung“, §+ 59 BGB) wäre von dem Register-
	        
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