Artikel 13. Bedeutung des „besondere“. 259
satz), sondern etwas anderes enthält: ein Verwaltungsakt, der
dadurch, daß er in Gesetzesform erscheint und an diese Form gebunden
ist, seine rechtliche Natur nicht ändert (übereinstimmend: Gierke, Deutsches
Privatrecht 1 491; über rein formelle Gesetze unten bei Art. 62, val.
einstweilen Laband, St R 2 62 ff., Anschütz, Enzykl. 590).
Der Ausdruck „besondere Gesetze“ besagt, daß nach Art. 13 die
Entschließung über die Verleihung der Korporationsrechte an Religions-
und geistliche Gesellschaften durch die gesetzgebenden Faktoren von Fall
zu Fall getroffen werden soll. Es sind nur andere Ausdrücke für das,
was gemeint ist, wenn der Ber des Zaussch (oben S. 236) die in dem
Artikel vorbehaltenen Gesetze „Spezialgesetze“ nennt und der Kultus-
minister in seiner oben S. 237 wiedergegebenen Außerung noch deut-
licher von „iedesmaligen, besonderen Gesetzen“ spricht. Nur
„besondere Gesetze“ in diesem Sinne gestattet der Artikel, also Indi-
vidualgesetze; das Geschenk der Korporationsrechte soll immer nur
nach Prüfung und in Erwägung der Umstände des konkreten Falles, der
Würdigkeit der einzelnen Religions= bzw. geistlichen Gesellschaft gegeben
werden. Diesem Erfordernis der Individualität entsprechen die oben
S. 238, 239, 252 angegebenen Präzedenzfälle: das Gesetz vom 12. Junie
1874, welches sich nur auf die Religionsgesellschaft der Mennoniten und
das Gesetz vom 7. Juli 1875, welches sich nur auf die Baptisten bezieht,
— entspricht aber nicht minder auch das Gesetz vom 22. Mai 1888 (oben
S. 251, 252), denn obschon es die Korporationseigenschaft an mehrere
Ordens- und Kongregationsniederlassungen verleiht, so ist diese Mehrzahl
doch eine bestimmte (17 einzeln aufgezählte Niederlassungen), und
durch dieses Moment der Bestimmtheit ist das Prinzip des Individual-
aktes gewahrt (richtig Giese 298). Ein Gesetz, welches uno actu
eine bestimmte Zahl einzelner Fälle umfaßt, ist ebensogut ein Individual-
gesetz wie eines, welches nur einen einzigen Fall zum Gegenstand hat. Nur
muß eben die Mehrzahl eine bestimmte sein; eine unbestimmte, in
einer abstrakten Tatbestandseinheit zusammengefaßte wäre mit dem
Wesen des „besonderen Gesetzes“ nicht vereinbar und würde es daher
ohne Anderung des Art. 13 nicht angängig sein, durch ein allgemeines
Gesetz allen Religions= und geistlichen Gesellschaften, oder auch nur
abstrakt bezeichneten Gruppen von solchen — denen etwa, die ge-
wisse Normativbedingungen erfüllen — die Rechtsfähigkeit zuzuerkennen.
Ein Gesetz, welches alle in Preußen zugelassenen Orden und Kon-
gregationen bzw. ihre nach Vorschrift der oben S. 251 angegebenen
Gesetze vom 14. Juli 1880 und 29. April 1887 ministeriell genehmigten
Niederlassungen ipso iure für rechtsfähig erklärt, würde eine Ver-
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