Artikel 14. Entstehungsgeschichte. 263
Gefahren für die Religionsfreiheit und für den gleichmäßigen Genuß
der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ohne Rücksicht auf das
Bekenntnis verbunden sein würden. Auch sei „die Anerkennung des
christlichen Prinzips in seiner Allgemeinheit“ deswegen „ohne Realität",
weil das Christentum bei den gegebenen Verhältnissen sich nur in kon-
fessioneller Spaltung darstelle, die konfessionellen Unterschiede aber nicht
von Staats wegen „indifferenziert“ werden könnten (a. a. O. 1081).
Trotz dieser einleuchtenden Worte und obwohl auch die Staats-
regierung für eine Amendierung der Verfassung im Sinne der Anträge
Walter, Goldtammer, Stahl usw. sich keineswegs erwärmte (vgal. die
Reden des Kultusministers v. Ladenberg in der I. K., 974, und in der
II. K., 1131), wurde eine solche Amendierung im Plenum der II. K.
von verschiedenen Seiten nachdrücklich gefordert. Die betreffenden An-
träge sind:
a. der Antrag Weihe (II. K. 1088).
„Die christliche Religion ist die Religion des Staates, welche
den religiös-bürgerlichen Einrichtungen desselben, unbeschadet der
Religionsfreiheit der anders Glaubenden, zugrunde gelegt wird“;
b. der Antrag Keller (a. a. O. 1089), der sich von dem Beschluß
der I. K. (Antrag Walter--Goldtammer, oben S. 262) nur durch die
Weglassung der motivierenden Wendung „als die Religion der großen
Mehrheit der Bewohner des Staates“ unterscheidet; .
e. der Antrag Graf Krassow (a. a. O. 1088); gleichlautend mit
dem von der I. K. abgelehnten Antrag Stahl (oben S. 261); endlich
d. der Antrag v. Viebahn, gleichlautend mit dem endgültig
angenommenen und geltenden Text des Art. 14. Die Begründung
dieses Antrags (a. a. O. 1112) bezeichnet es als wünschenswert, daß
die Verfassung eine Bestimmung enthalte, welche die Berücksichtigung
derchristlichen Religion bei dem mit der Religionsübung in Zusammenhang
stehenden Einrichtungen des Staats rechtfertige, ohne eine Besorgnis
vor einem Ubergreifen der Staatsgewalt in das Gebiet der Religions-
freiheit zu begründen. Das Wort „Religionsübung“ ist im Tenor
des Antrags, a. a. O. 1112, gesperrt gedruckt, sicherlich um hiermit eine
Abweichung von der Stahl-Krassowschen Formulierung („die mit der
Religion im Zusammenhange stehen") zu markieren. In der Rede,
mit welcher der Antragsteller sein Amendement der II. K. empfahl
(a. a. O. 1137), bekennt er sich wiederholt und mit Nachdruck zu dem
Prinzip der Religionsfreiheit, diesem „alten Grundpfeiler der preußischen
Gesetzgebung“, den er „um keinen Preis missen möchte“ und nicht
im mindesten anzutasten gesonnen sei. Andererseits müsse aber auch