270 Artikel 14. „Einrichtungen“ im Sinne des Artikels 14.
in diesem Punkte einigermaßen „rückwärts zu revidieren“ (vRZ 2
14, vgl. dazu die Besprechung von Anschütz im VArch 16 180). In
der neueren Literatur wird die vorbezeichnete Auslegung des Art. 14,
insbesondere von Fürstenau, Religionsfreiheit 201, 209, 213 vertreten,
der so weit gehen will, mit Bezug auf den Artikel die Nichtchristen
von „allen Staats= und etwaigenfalls Gemeindeämtern, mit welchen
eine Aufsicht über eine christliche Kirche verbunden ist oder welche be-
rufen sind, eine Einwirkung irgendwelcher Art auf eine christliche Kirche
zu üben (a. a. O. 201, vgl. auch oben S. 224), auszuschließen.
Alle diese Ansichten sind abwegig. Einmal deshalb, weil, wie wieder-
holt betont werden muß, der christliche Charakter von Institutionen weder
gleichbedeutend ist mit christlicher Konfession der sie verwaltenden Perso-
nen, noch das eine durch das andere bedingt wird. Zweitens, weil die
Anwendung des Art. 14, wie er selbst sagt, nur „unbeschadet der im Art. 12
gewährleisteten Religionsfreiheit“, mithin auch der in der Religionssreiheit
inbegriffenen Unabhängigkeit der bürgerlichen und politischen Rechte von
dem Glaubensbekenntnis (vgl. oben S. 219ff.) erfolgen soll. Das heißt!“
die Religionsfreiheit (Art. 12) ist eine Schranke des „christlichen Staates“
(Art. 14), nicht umgekehrt. Vgl. unten S. 280, 281. Es ist nicht (wie
Fürstenau 201, 243 will) Art. 12 einschränkend im Sinne des Art. 14,
sondern Art. 14 ist einschränkend im Sinne des Art. 12 auszulegen.
Drittens: selbst wenn es nach Art. 12 und 14 erlaubt gewesen wäre,
den Grundsatz der Einflußlosigkeit der Konfession auf die Befähigung
zu öffentlichen Ämtern restriktiv zugunsten des „christlichen Staates“ zu
interpretieren, so wärc dieser Interpretation der Rechtsboden entzogen
worden durch das Gesetz vom 3. Juli 1869, welches — vgl. oben S. 222,
225 — „alle noch bestehenden, aus der Verschiedenheit des religiösen
Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen“ der Fähigkeit zu öffentlichen
Amtern aufhebt, also auch diejenigen Beschränkungen beseitigt, welche
aus etwaigen Vorschriften der Landesgesetze über den „christlichen Staat"“
deduziert werden möchten.
Art 14 ist also auf die Befähigung zu öffentlichen Amtern und
auf das Recht der Regierung, diese Amter mit den dazu Geeigneten,
ohne Unterschied des Glaubens, zu besetzen, ohne Einfluß. Man kann
nicht einmal sagen, daß die Staatseinrichtungen, welche unter Art. 14
fallen, nur von Christen gehandhabt werden dürften: so die Ansicht der
Staatsregierung von 1851 an bis in die sechziger Jahre, seitdem, nach
langen parlamentarischen Kämpfen mit dem Hd#bg aufgegeben (vgl.
die Nachweise bei vR 2 271 Nr. 5, 272 Nr. 1, 2; die Wiedergabe dieser
Noten bei vRZ 2 14 ist unvollständig). Angenommen, daß Eid, Sonntags-