Art. 14. Staatseinrichtungen, die m. der Religionsübung zusammenhängen. 273
Professur oder an ein Institut für historische, philosophische, vergleichende
Religionswissenschaft — würde der Staat errichten können, ohne durch
Art. 14 zur Beschränkung auf das christlich-theologische Sachgebiet ge-
nötigt zu sein.
Auch das „im Zusammenhange stehen" fordert restriktive Aus-
legung und darf jedenfalls nicht wörtlich verstanden werden, wenn
man sich nicht in sinnwidrige Folgerungen verwickeln will. Wörtlich
genommen steht jede Einrichtung und Tätigkeit der staatlichen Kirchen-
hoheit, des ius circa sacra, mit der Religionsübung im Zusammen-
hange, denn die Religionsübung ist das Objekt der Kirchenhoheit.
Dies gilt insbesondere von dem in der Kirchenhoheit liegenden Auf-
sichtsrecht. Was sollte es aber bedeuten, wenn man interpretieren
wollte: bei jeder Einrichtung und Tätigkeit der Staatsaussicht (die sich
doch auf alle im Staate vorhandenen Religionen und Religionsgesell-
schaften bezieht) ist das Christentum „zugrunde zu legen“? — Die Ent-
stehungsgeschichte ergibt denn auch, daß es sich im Art. 14 nicht um solche
Einrichtungen handelt, die der Sphäre des Aussichtsrechts (ius inspi-
ciendi cavendi), sondern um solche, die dem Bereiche des Schutzrechts
(ius advocatiae) angehören. Der Artikel ist nicht im Interesse des
Staates, sondern im Interesse der Kirche gegeben. Er sichert den
Fortbestand gewisser Institutionen, an denen die Kirche interessiert
ist. Hierhergehörige, unter Art. 14 fallende Dinge sind:
I. Staatseinrichtungen, welche der Religionsübung unmittelbar
gewidmet sind: staatliche Veranstaltungen für Kultus und
Seelsorge. An der Spitze steht das Militärkirchenwesen (ogl.
darüber Niedner, Die Bedeutung des Militärkirchenwesens für das
Verhältnis von Staat und Kirche, Ztschr. für Politik 1 471 ff.), fermer
gehören hierher die Seelsorgeeinrichtungen in staatlichen Anstalten
(Strafanstalten, Krankenhäuser). Solche Einrichtungen dürfen nach
Art. 14 für einen anderen als den christlichen Kultus nicht bestimmt
sein; in der Praxis wird dies auf Konfessionalismus mit paritätischer
Berücksichtigung der evangelischen und der katholischen Landeskirche
hinauslaufen (so auch die gegenwärtige Gestaltung des Armee= und
Marinekirchenwesens auf Grund der geltenden Dienstordnungen von
1902 und 1903, im Gegensatz zu den älteren preußischen Einrichtungen
auf diesem Gebiete, welche die konfessionellen Unterschiede zuweilen
ignorierten; val. Niedner a. a. O. 471 ff., 476ff.).
II. Staatseinrichtungen, welche der Religionsübung nicht un-
mittelbar, aber insofern mittelbar dienen, als sie den Religionsgesell-
schaften die zur religiösen Ausbildung ihrer Mitglieder und Geistlichen
Anschütz, Preuß. Berfassungs-Urkunde. I. Band. 18