274 Artikel 14. Staatlicher Religionsunterricht.
erforderlichen Mittel und Gelegenheiten darbieten: der staatliche
Religionsunterricht aller Stufen und Grade. An und für sich ist
die Erteilung von Religionsunterricht nicht Sache des Staates, sondern
der Religionsgesellschaften, die hierzu auch — wie oben bei Art. 12,
S. 218, 219 ausgeführt — auf Grund ihrer Kultusfreiheit dem Staate
gegenüber berechtigt sind: die Freiheit der Religionsübung ist, nicht
sowohl Ausübungs- als Einübungsfreiheit. Schreitet aber der Staat
dazu, den Religionsgesellschaften Bildungsanstalten zur Verfügung zu
stellen, sei es durch Begründung von Spezialinstituten (Religionsschulen,
Prediger- und Priesterseminare), sei es durch Einfügung der Reli-
gion und Theologie in die Lehrpläne seines allgemeinen Unterrichts-
wesens, so gebietet ihm Art. 14 die ausschließliche Berücksichtigung
der christlichen Religion.
Nach der Strenge dieses Grundsatzes darf ein den Zwecken der
Religionsübung dienender, in diesem Sinne praktischer und nicht rein wissen-
schaftlich-theoretische Ziele verfolgender (s. oben S. 272, 273) Religions-
und theologischer Unterricht in anderen Religionen als der christlichen
auf den öffentlichen Schulen Preußens, die insgesamt, von der Volks-
schule bis hinauf zur Universität, den Charakter von Staatsanstalten haben
(s. unten Art. 23 S. 412ff.), nicht stattfinden. Auch als nur fakultatives
Fach dürfte der nichtchristliche, z. B. jüdische Religionsunterricht nicht
in den Lehrplan der öffentlichen Schule eingefügt werden, denn der
öffentliche Unterricht ist immer Staatseinrichtung, einerlei ob zur Teil-
nahme an ihm eine rechtliche Verpflichtung (Schulzwang) besteht oder
nicht besteht.
Streng durchgeführt ist obiger Grundsatz für den Hochschul-, nicht
völlig streng dagegen für den Elementarunterricht.
Im Einklang mit Art. 14 gibt es an den Landesuniversitäten
nur christlich-theologische (evangelische und katholische) Fakultäten: staat-
liche Religionsbildungsanstalten, welche nach ihrem historischen und
gegenwärtigen Charakter „mit der Religionsübung im Zusammenhange
stehen", sofern es ihre Aufgabe ist, den christlichen Kirchen vorschrifts-
mäßig ausgebildete Diener zu liefern. Die Errichtung analoger Fakul--
täten oder einzelner Lehrstühle für jüdische Theologie würde mit
Art. 14 in Widerspruch stehen. Darin ist Stahl (vgl. seine oben mehr-
fach zitierte Rede, I. K. 978) unbedenklich zuzustimmen.
Was den Elementarunterricht anlangt, so entspricht es gleichfalls
der Verfassung, wenn der schulplanmäßige, obligatorische Religions-
unterricht in den öffentlichen Volksschulen lediglich als christlicher (evan-
gelischer oder katholischer) gegeben wird (vol OVG, PVBl 18 157).